Der Winter ist so eine Jahreszeit, die es drauf hat, die Gesellschaft zu teilen. Die einen können ihn kaum erwarten, um in halsbrecherischen Tempo die Berghänge herunter zu jagen, den anderen schlägt der Mangel an Sonnenstunde gehörig auf das Gemüt und führt im schlimmsten Fall zu Winterdepressionen.
Ich bin kein Schönwetterreiter …
… und spätestens als Pferdebesitzer muss man sich damit arangieren, auch bei nassem und kaltem Wetter in den Stall zu gehen. In 90% der Wintertage wird das kein schönes Erlebnis. Die restlichen 10% der Tage machen meines Erachtens alles wett.
In den letzten Wochen gab es eine Handvoll solcher Tage und ich habe sie auf dem Pferd nutzen können. Ich möchte an dieser Stelle ein paar kurze Erlebnisse aus Winterausritten schildern, die Verlockung und Warnung zugleich sind, damit aus dem Ausritt auch ein schönes Erlebnis werden kann.
Bis zum Bauch im Schnee
Im Winter 2003/04 bin ich nach Oberbayern gezogen und habe erstmals richtige Winterausritte machen können. In Brandenburg fehlte es dazu einfach an Schnee. Obwohl Pfefferoni ein bayrisches Warmblut war, war das auch für sie eine neue Erfahrung. Es gab ein paar wundervolle Tage, an denen wir über schneebedeckte Hänge galoppiert sind und bis zum Bauch in Schneewehen versunken sind.
Der Ritt durch solch hohen Schnee ist enorm anstrengend und gerade in hügeligen Regionen, sollte das Pferd schon etwas Kondition mitbringen. Spätestens jetzt aber, kriegt es welche. Ist die Schneedecke aber kontinuierlich so dick, würd ich den Ausritt streichen, da er zu einer Quälerei ausarten kann und dann macht es weder mir noch dem Pferd Spaß. Sinkt ein Pferd bis zum Bauch im Schnee ein, kann es leicht Panik bekommen, da es das Gefühl bekommt festzustecken. Das ist unnötiger Stress für das Pferd und keine mentale Voraussetzung für zukünftige Ausritte.
Holidays on Ice
Ich weiß nicht mehr welcher Winter es war, aber es ergab sich, dass auf Feldern und Landwirtschaftswegen reichlich Schnee lag und ich beschloss eine Strecke jenseits der Bundesstraße zu reiten. Dazu musste ich selbige unterqueren und durch ein oder zwei Dörfer reiten. Da Pfefferoni ziemlich straßentauglich war, die Sonne schien und eigentlich alles perfekt war, hab ich in keinster Weise an meinem Plan gezweifelt.
Woran ich nicht gedacht hatte, war, dass die intensive Sonneneinstrahlung den Schnee zum Antauen gebracht hatte. Das Schmelzwasser floss auf die Straßen und löste sich in der Sonne in Wohlgefallen auf. Im Schatten allerdings gefror das Wasser auf der Straße und sorgte so für einen spiegelglatten Film, der als solches nicht erkennbar war. Bemerkt hatte ich ihn erst, als es schon zu spät war und Pfefferoni auf einer leicht abschüssigen Straße ins Rutschen kam. Der Effekte durfte ähnlich des eines Eisläufers gewesen sein.
Pfefferoni hatte nun nicht nur mich zu schleppen, sondern auch ihre 4 Beine so zu sortieren, dass sie sich und mich ins Gleichgewicht bringt. Zwar konnte ich am Straßenrand trockene Stellen ausmachen, die definitiv nicht glatt waren, aber in diesem instabilen Zustand wagte ich nicht daran zu denken, Pfefferoni in irgendeine Richtung zu manövrieren. Ich gebe zu: Ich hatte Angst.
Ich musste Pfefferoni und ihrem Gleichgewichtssinn vertrauen und ihr möglichst nicht dazwischenfunken. Nach unendlichen Minuten hatte sie eine trockene Stelle erreicht und stand wieder sicher. Von da an hab ich schattige Straßenabschnitte gemieden und meinen Hufschmied um Rat gefragt. Er hat Pfefferoni Hartstahlstifte in die Eisen eingesetzt, die wie kleine Anker auf glatten Flächen funktionieren.
Kostenpunkt: 5 Euro für zwei Eisen (also 10 Euro bei Vollbeschlag) und die Stifte sind wiederverwendbar!
Aufstollen statt Christstollen
Pfefferoni hatte nicht immer Hufeisen und als ich den ersten Winter mit Eisen unterwegs war, merkte ich recht schnell, wie sie mehr und mehr unsicher auftrat. Ein Blick unter die Hufe offenbarte mir ein äußerst festsitzender Eisklumpen. Statt auf den Eisen und somit dem Tragrand des Hufes lastete das Pferdegewicht über den Eisklumpen auf Sohle und Strahl und Pfefferoni ging füllig. Das Problem war nun vielmehr, das Eis zu entfernen. Und das nicht nur einmal während des Rittes.
Wieder daheim angekommen, hab ich den Hufschmied kontaktiert, ob es Abhilfe gegen das Aufstollen gibt. Die Abhilfe hat der St. Moritzer Peppino Cattaneo Anfang der 80er (PDF) erfunden und heißt Hufgrip. Diese Gummieinlagen sorgen dafür, dass Schnee, Schlamm und dergleichen schlicht aus dem Huf wieder rausfällt bevor er sich verdichten kann und verklemmt.
Hufgrips können mehrere Beschlagperioden und u.U. auch mehrere Winter lang eingesetzt werden und kosten etwa 5 Euro pro Huf.
Ein kleines Manko gibt es allerdings. Bei Spezialbeschlägen, wie orthopädischen Eisen, kann die Funktionsfähigkeit der Grips eingeschränkt sein.