Gelesen: Fünf und Blinde Vögel von Ursula Poznanski

Die liebe DivaLaDo hat mich auf Ursula Poznanski und ihren Krimi „Fünf“* hingewiesen, da dieser sich ums Geocaching dreht. Die Idee hat mich sofort gereizt und ich konnte es kaum erwarten, dass das Buch im Briefkasten liegt. Die Geschichte spielt in Salzburg und Salzburger Land und man begibt sich mit dem Ermittler-Dou Beatrice Kaspary und Florin Wenninger auf die Spur eines Multi-Caches der anderen Art. Und weil „Fünf“ so spannend war, hab ich mir anschließend direkt den Nachfolger „Blinde Vögel“* gegönnt, der das Dou zu Facebook führt.

Quelle: Rowolt Verlag
Quelle: Rowolt Verlag

In der Nähe von Salzburg wird am Fuße eines Felsens eine Leiche gefunden. Der erste Gedanke „Selbstmord“ ist hinfällig, denn die Leiche ist gefessselt und auf ihren Fußsohlen sind Koordinaten tätowiert. Die Koordinaten führen die Ermittler Beatrice Kaspary und Florin Wenninger zu einer Dose. Inhalt ist eine Cache-Note, die die beiden zum Fund gratuliert, aber auch eine abgetrennte Hand und ein Rätsel. Die Hand gehört definitiv einer anderen Leiche und das Rätsel macht schnell klar, dass es die beiden mit einem morbiden Multi-Cache zu tun haben. Leichenteile und ganze Leichen sammeln sich rund um Salzburg und ein Zusammenhang zwischen den toten Personen will sich nur schwerlich ausmachen.

Als Geocacher war es natürlich sehr verführerisch, dieses Buch zu lesen, wenngleich ich schon Sorge hatte, wie das Theme verpackt wird und wie der Balanceakt bewältigt wird, das Thema sowohl für eingefleischte Geocacher als auch für Nicht-Geocacher zugänglich zu machen. Aber Ursula Poznanski hat das – selbst aktive Geocacherin – meiner Meinung nach perfekt bewältigt. Die Geschichte ist absolut spannend und fesselnd und ich gebe zu: Den ein oder anderen Cache bin ich mit skeptischen Blick angegangen ob der Dinge, die da drin sein könnten.
Weil „Fünf“ so spannend war, konnte ich dann den Folge-Roman „Blinde Vögel“ kaum erwarten und wurde nicht enttäuscht. Diesmal nimmt sich Ursula Poznanski Facebook als „Tatort“ vor.

Quelle: Rowolt Verlag
Quelle: Rowolt Verlag

Auf einem Campingplatz werden zwei Leichen gefunden. Mord und Selbstmord – es scheint eindeutig ein Beziehungsdrama zu sein. Allerdings haben sich die beiden Toten gar nicht gekannt, außer dass sie beide einer Facebook-Gruppe angehören, die sich mit Lyrik beschäftigt und auch dort haben sie nie miteinander kommuniziert. Ermittlerin Beatrice Kaspary ist dennoch skeptisch und beginnt online zu recherchieren. Die vermeintlichen Selbstmorde häufen sich in Salzburg und außer der Facebook-Gruppe findet sich keine Verbindung.

Wie bei „Fünf“ stellt Ursula Poznanski Facebook sowohl für aktive Nutzer als auch „Offliner“ verständlich und nachvollziebar dar. Als Facebook-Abhängiger fühlt man sich bei manchen abgebildeten Gruppen-Diskussionen durchaus wieder. Zugegeben, betrachte ich seit der Lektüre von „Blinde Vögel“ manch Kommentar oder Beitrag aus einem anderen Blickwinkel, da das Buch einem schon die ein oder andere dahingesagte Banalität vor Augen führt. Ebenfalls interessant ist die Problematik Datenschutz vs. Ermittlungen, die Poznanski geschickt einfließen lässt.
Ich fand den Roman äußerst spannend und mitreißend und bin wirklich auf einen hoffentlich nächsten Teil gespannt. Das liegt einerseits daran, dass Ursula Poznanski einen sehr angenehmen und packenden Schreib-Stil hat ohne zu überfrachten und andererseits lässt sie dieses „Neuland Internet“ wunderbar in ihre Krimis einfließen, ohne dass es dilettantisch oder abgehoben wirkt.

Aus meiner Sicht eine Krimi-Serie, die definitiv im 21. Jahrhundert angekommen ist.

Die Kuh und das Dampfschiff

Dass Ilse Aigner sich mit einem offen Brief an Facebook-Chaf Zuckerberg gewendet hat, löste schon einen kleinen Schmunzler meinerseits aus, und dass es Zuckerberg nicht die Bohne interessiert, war zu erwarten.

Ich denke Datenschutz ist eine wichtige Sache, aber die TwtPoll von Basic Thinking bestätigt meinen schon lang gehegten Verdacht, den ich aus Gesprächen mit Familie, Freunde, Bekannten und teils auch Kollegen gewonnen habe: Viele Leute scheint der Datenschutz absolut egal zu sein. Sicherlich sind um die 500 Stimmen bei TwtPoll (nach ca. 7h Laufzeit) nicht repräsenativ, dennoch zeichnet sich ab, dass ca. 60% der Teilnehmer die Datenschutzbestimmungen von Facebook egal sind. Mit dem Hintergrund, dass Facebook’s Daten(-nicht-)schutz derzeit in jedermanns Munde ist, schließe ich aus dem Voting, dass es den Leuten auch in andern sozialen Netzwerken egal ist.
Geht es allerdings um Vorratsdatenspeicherung, ELENA, elektronsicher Personalausweis oder elektronsiche Patientenakte ist der Aufschrei jedesmal groß. Ich sage gleich vorweg: Ich bin kein Fan dieser Maßnahmen und wenn ich die Voraussetzungen erfüllt hätte, wäre ich einer der 22’000 Kläger gegen ELENA gewesen. Unabhängig davon und die potenzielle Einsicht ins eigene Leben à la 1984, denke ich, dass Datenerhebungen im staatlichen Bereich meistens gut gesichert sind. Ich seh hier auch nicht die Gefahr, von Dritten zugespammt zu werden. Zwar würde ich nach wie vor eine gläserne Person sein, aber noch gläserner bin ich doch, wenn ich aktiv soziale Netzwerke nutzen würde und einem Profiler arbeitslos mache, weil ich meine Interessen, Vorlieben und Abneigungen öffentlich kundtue.

TwtPoll gegen 18 Uhr [1]
Als StudiVZ entstand, war ich relativ schnell begeistert und Mitglied. Schnell hatte ich viele Kontakte der Grundschulzeit wiedergefunden, wobei ich aber auch nur Kontakte akzeptiere, die ich persönlich kenne. Als StudiVZ erstmals die AGBs änderte und die Zustimmung der Nutzer einforderte oder eben deren Löschung einleitete, haben einige meiner damaligen Komilitonen die Handbremse gezogen und sind ausgestiegen (Ich will nicht wissen, wie viele von denen jetzt bei Facebook sind). Ich dachte mir, was jetzt bei StudiVZ steht, ist kein Geheimnis mehr und war nie eines. Das Internet vergisst nicht und ich sah auch keinen Grund, Bilder zu löschen: Was ich freigegeben habe, dazu steh ich auch und wenn jemand meint, mich deswegen diskreditieren zu wollen, tut er mir leid, denn er bewegt sich auf einem untersten Niveau.
Ich bin auch bei StudiVZ geblieben, weil ich es für eine recht simple Möglichkeit halte, alte Kontakte zu halten. Das heißt nicht zwangsläufig, dass ich diese Kontakte pflege, aber gerade bei ehemaligen Mitschülern find ich praktisch eine Anlaufstelle zu haben, für den Fall, man plant mal ein Klassentreffen oder so. Ehrlich gesagt, gucke ich mir die Profile meiner VZ-Freunde kaum noch an – Sry. Über Leute, mit denen ich enger befreundet bin, brauche ich nicht dort zu verfolgen, um zu wissen, was sie gerade tun.

Unheimlich viele Menschen scheinen aber mit Gott und der Welt befreundet sein zu wollen und zur Krönung servieren sie ihre Vorlieben auf dem Silbertablett. Warum? Na das ist doch unheimlich bequem! Umso mehr Daten man freigibt, umso wahrscheinlicher ist es von Freunden, Bekannten oder einfach nur Interessierten gefunden zu werden. Dass man damit oftmals sich selbst offenbahrt, scheint für diesen Zweck einem Großteil der Nutzer egal zu sein (siehe TwtPoll). In den Kommentaren zum Blogpost von Basic Thinking ist vereinzelt zu lesen, dann nehme man halt eine Mail-Adresse, die ruhig zugespammt werden kann. Oder man gebe halt die Informationen dediziert frei. Alles schön und gut, aber das ändert doch nichts daran, dass die Daten gesammelt und gespeichert werden und, wie es Facebook anscheinend plant, an „ausgewählte“ Dritte weitergegeben werden.
Erst neulich habe ich in Absprache mit der betreffenden Person ein Experiment gemacht: Wir haben gewettet, dass ich innerhalb von drei Tagen ihre Adresse rausbekomme, obwohl ich sie nur von Twitter kenne. In früheren Gesprächen hatte ich bereits viel über die Person erfahren und wir haben einige Parallelen, weshalb ich innerhalb einer Stunde bereits ihren realen Namen, ihren Geburtsort, -tag, ihren groben Schulwerdegang und sogar ihre persönliche Mail-Adresse der Uni wusste (zugegeben waren die Parallelen dabei recht hilfreich, ohne sie hätte ich halt länger gebraucht und vielleicht die Mail-Adresse nicht gefunden). Die (aktuelle) Adresse habe ich nicht vollständig rausbekommen – dazu hätte ich jemanden dazu bringen müssen, gegen das BDSG zu verstoßen und das wollen wir ja nicht – aber ich war nah dran! Wir haben uns auf ein Patt geeinigt mit Auszahlung in der nächsten Cocktail-Bar ^^
Was ich damit sagen will, dass man trotz Nickname bereits ziemlich viel über sich Preis geben kann, dass es anderen erlaubt, auf die reale Person zu schließen. Hätte ich jetzt kriminelle Energien, hätte mich der kleine Verstoß gegen das BDSG kaum gejuckt und ich würde jetzt in Besitz einer Menge Informationen über die Person sein und das ist heutzutage Gold wert, wie uns leider reichlich Datenschutzverstöße und nicht zuletzt die Steuer-CD gezeigt haben.

Jetzt werden sicher einige sagen, ich vermische Äpfel mit Birnen, wenn ich sage, dass Leute, die gegen ELENA klagen, konsequenter Weise auch gegen Facebook o.ä. vorgehen sollten oder zumindest ihren Account dort löschen sollten. Sicherlich sind es nicht alles gleich Äpfel, aber zumindest verschiedene Sorten: Golden Delicious, Granny Smith, …
Jetzt zitiere ich meinen Mathe-Prof und abstrahiere mal ganz stark: Der Kuh ist es egal ob man sie Dampfschiff nennt! Doch dazu müsste den Leuten bewusst sein, dass die Kuh deshalb nicht automatisch Weltmeer durchschwimmt oder das Dampfschiff Milch gibt.

Die Frage ist: Will man Bequemlichkeit für den Preis der Daten oder will man für Institutionen (ob nun staatlich oder nicht) transparent sein und dafür mit Bequemlichkeit zahlen?

[1] zur TwtPoll von Basic Thinking