Totilas is back … sucht man bei Google nach „Totilas Hagen“ findet man zunächst zahlreiche Beiträge, wie grandios das Comeback sei, dass Rath es hervorragend gemanaged habe, mit Totilas in Einklang zu kommen …
Ich bin auf dieses leidige Thema „Totilas“ wieder gekommen, weil ich bei Facebook einen interessanten Link gesehen habe, der nämlich zeigt, wie Rath Totilas zu dieser ach so tollen Leistung von 83.809 Prozent im Grand Prix und somit Platz 1 bringt.
Freundlich ausgedrückt ist es LDR (Low-Deep-Round) oder auch Hyperflexion, was schlicht der wohlklingende und von der FEI genehmigte Name der „geächteten“ und meiner Meinung nach tierschutzwidrigen Rollkur ist.
Ende 2012 übernahm Rath den holländischen Hengst und hatte seit dem so seine Probleme. Überraschend ist das weniger, immerhin muss man sich erstmal gegenseitig kennenlernen, aber ich meine in über einem Jahr Arbeit hätte man das Pferd sicher auf eine normale Reitweise umstellen können. Das dies nicht erfolgreich passierte, was man zuletzt in Vechta gut sehen konnte, zeigt doch einerseits, dass Rath und Totilas keine ideale Paarung sind, und andererseits, dass das Pferd auf gut deutsch versaut ist mit Methoden wie Rollkur, etc.
Dazu passt natürlich auch das Engagement des umstrittenen, holländischen Trainers Sjef Janssen, der voller Überzeugung die Rollkur anwendet und so seine Frau Anky van Grunsven zu Gold geführt hat:
Der Kopf auf die Brust gezogen, das Maul aufgesperrt, Schweif schlagen, schleppende Hinterhand, spektakuläre, ablenkende Vorhand … So gewinnt man heutzutage Turniere und wird zum Vorbild des Nachwuchs. Wie schädlich die Rollkur ist, sollte eigentlich klar werden, wenn man mit gesunden Menschenverstand an die Sache geht und sich nicht von Turniererfolgen und Studien blenden lässt, die angeblich die Harmlosigkeit von Rollkur/LDR bestätigen (das Ergebnis von Studien hängt leider all zu oft von demjenigen ab, der die Drittmittel bereitsstellt). Betrachtet man sich aber mal die Anatomie von Pferdeschädel und Übergang zur Halswirbelsäule wird man feststellen, dass der erste Halswirbel (der Atlas-Wirbel) über zwei Dornfortsätze verfügt, die in das Genick regelrecht einhaken, wenn der Hals eingerollt wird, wodurch rein anatomisch Stellung und Biegung nicht mehr möglich ist, ohne dass der Atlaswirbel an den Schädel anstößt und mit Sicherheit auch Schmerzen verursacht. Die weiteren Auswirkungen auf Bewegungsablauf etc. sind enorm: Der eingerollte Hals verhindert nämlich regelrecht, dass die Hinterhand noch unter den Schwerpunkt kommt. Dr. Gerd Heuschmann hat hierzu ausführliche Analysen betrieben und sich die oder andere Klage von renomierten Reitern kassiert – getroffene Hunde bellen!
Es braucht mir jetzt auch keiner kommen mit Kommentaren wie „die englisch Reiter“ – das ist ein Problem aller Reitweisen, denn überall geht es darum, auf Turnieren schnell und gewinnbringend Erfolg zu haben. Gestern hörte ich, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei Quarter Horses bei gerade mal 7 Jahren liegt. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Bei einer sauberen und fundierten Ausbildung nach Ausbildungsskala (die übrigens auch bei den Westernreitern existiert) geht man von ca. 7 Jahren aus, bis das Pferd fertig ausgebildet ist. Heutzutage werden 10-jährige Pferde schon Olympia-Sieger. Rein rechnerisch ist das machbar, aber dennoch irgendwie widersprüchlich. Die Pferde werden so früh wie möglich angeritten, schnellst möglich auf ein möglichst hohes Niveau gebracht, damit sie schnell vie Geld einbringen. Immerhin kostet der Unterhalt eines Pferdes eine Stange Geld und damit das Pferd sich quasi selbst ernährt und möglichst seinen Besitzer auch muss alles schnell gehen.
Auf der Strecke bleibt das Pferd und über kurz oder lang auch der Reitsport selbst, denn wie viele Nachwuchsreiter versuchen ihren vermeintlichen Idolen nachzueifern ohne dabei zu merken, wie ihr Pferd zum Sportgerät wird und der Spaß, die Harmonie und das Glück der Erde zu Leistungsdruck, Disharmonie und Stress werden?
In diesem Sinne kann ich nur folgende Dokumentation des WDR empfehlen, die leider schon in den Mediatheken depubliziert (noch so ein Unwort) wurde, aber sich auf anderen Video-Plattformen weiterhin zahlreicher Zuschauer erfreut – zu Recht wie ich finde!