Nachdem ich vergangene Woche über einen Ausritt mit Pulsmessung berichtet habe, hier nun die Auswertung eines normalen Trainings in der Halle. Die Trainingseinheit dauerte einschließlich vorherigem Ablongieren ca. 45 Minuten und enthielt Seitengänge in Schritt und Trab auf geraden und gebogenen Linien sowie Galopp auf dem Zirkel, einzelnen Galoppvolten, Schultervor im Galopp und eine Runde Außengalopp auf dem Zirkel. Nevado war bis auf ein oder zwei kleine Zucker sehr entspannt und arbeitswillig, hat die Hilfen sehr gut angenommen und ein gutes Grundtempo angeboten. Aus meiner Sicht war das ein sehr gutes Training ohne Drücken, Ziehen oder Verrenkungen, was ja schon mal passieren kann, wenn man mal nicht die gleiche Sprache spricht.
Wie schon beim Ausritt ist gut zu erkennen, dass die Herzfrequenz einigermaßen proportional zur Geschwindigkeit verläuft. Da ich die erste viertel Stunde longiert habe, fehlt hier die Geschwindigkeit im Diagramm. Mein Puls schwankt hier zwischen 100 und 130, was der HF-Zone 1 (Aufwärmen entspricht). Auch in der darauffolgenden Schrittphase beim Reiten ändert sich das nicht. Erst im späteren Verlauf der Trabarbeit (zwischen Minute 25 und 35) steigt auch der Puls auf ca. 145. Sehr deutlich ist der Anstieg auf maximale 160 Schläge im Galopp (ca. Minute 35 bis 45) zu sehen. Bei der abschließenden Schrittphase zum Trockenreiten sinkt der Puls wieder.
Interpretation
Die Pulskurve – auch mit Blick auf den Ausritt – interpretiere ich für mich so, dass mein Puls der Geschwindigkeit vom Pferd folgt. Das hat meiner Meinung nach aber nur bedingt etwas mit der körperlichen Anstrengung zu tun als viel mehr mit den verschiedenen Bewegungsmustern der Gangarten, denen ich mich anpassen muss. Trab und Galopp erfordern andere Bewegungsabläufe bei mir als Schritt und beanspruchen somit auch andere Muskelgruppen. Auch die Atmung wird dadurch beeinflusst, was sich letztlich auf die Herzfrequenz auswirkt. Vermutlich ist die Atmung im Trab und Galopp sogar regelmäßiger, da die Gangarten den Takt anders auf den menschlichen Körper übertragen als der Schritt (weniger Auf- und Abbewegung des Oberkörpers).
Der Anstieg am Ende der Messung ist der Tatsache geschuldet, dass ich Nevado in der Halle hab wälzen lassen, während ich seinen Sattel schon in die Sattelkammer getragen hab.
Ist Reiten nun Sport?
In meinem ersten Blog-Beitrag zu dem Thema sind auf Facebook Stimmen laut geworden, dass beim Reiten, das Pferd arbeiten soll und nicht der Reiter und dass ein Reiter, der schwitzt, etwas falsch gemacht habe. Grundsätzlich stimme ich dem zu, aber ich denke auch, dass eine gewisse Grundfitness unabdingbar ist.
Die Zusammenfassung der HF-Zonen zeigt, dass ich mich weit von der körperlichen Belastung eines Ausdauerlaufs o.ä. entfernt bewege. Dies liegt aber auch daran, dass ich eine gute Basis im Bereich Ausdauer habe. Ohne diese Grundlage würde die Messung höhere Werte ergeben. Bei einer schlechten körperlichen Konstitutionen sind Extrem-Werte im Maximal-Bereich sicher auch denkbar. Auch wenn der Herzschlag, wie ich es vermute, der Gangart folgt (Ursache – Wirkung) muss der Körper auch in der Lage sein, diese Mehrleistung zu verrichten – wenn die Lunge nicht genug Sauerstoff aufnehmen kann oder das Herz nicht genug Blut mit einem Schlag transportieren kann, um den Energiebedarf zu decken, dann erhöht sich automatisch Atem- und Herzfrequenz.
Je nach Ausbildungsstand von Pferd und Reiter wird sich das Verhältnis, wer mehr körperliche Arbeit leisten, mit Sicherheit immer mehr verschieben, bis der Reiter wirklich nur noch mit minimalen Hilfen und somit geringer körperlicher Anstrengung oben sitzt. Der Weg dorthin ist aber lang. Umso trainierter der eigene Körper ist, desto weniger Energie-Aufwand (was letztlich an Atmung und Herzfrequenz erkennbar wird) wird notwendig sein. Das Gleiche gilt für einen Läufer, eine Ballerina oder Schachspieler …