Protokoll einer M-Dressur

Ich hatte jüngst wieder die Gelegenheit bei einem Dressur-Turnier, Protokoll zu schreiben und somit hautnah bei den Richtern zu sitzen. Diesmal war es eine M*-Prüfung auf Kandare im kleinen Viereck. Es mussten unter anderem Trabtraversalen, Schulterherein und fliegende Galoppwechsel gezeigt werden.

Leider häufig zu sehen: zu eng!
Leider häufig zu sehen: zu eng!

„Zu eng … Genick oben halten“

Auf dem Abreiteplatz waren im Vorfeld kaum unschöne Szenen zu sehen, dennoch zeigte sich fast durchweg, dass die Pferde zu eng geritten wurden. Das zeigte sich auch in der Prüfung. Einer der häufigsten Kommentare in den Protokollen, die ich geschrieben habe, war „zu eng“ und „mehr offenes Genick“. Ich fand es sehr positiv, dass auch Nuancen schon in die Protokolle Einzug gehalten haben. Ein Pferd wurde beispielsweise durchweg zu eng geritten. Der Richter meinte, dass dies ein wunderschönes Pferd sei, mit schönen Gängen, aber nicht so präsentiert, wie er sich das für das Pferd erhoffen würde. Ich meinte zaghaft, dass man so etwas ja vom großen Sport vorgelebt bekäme, worauf der Richter sagte: „Ist mir egal. Das ist zu eng.“ Das Paar bekam dann auch entsprechende Abzüge in der Rittigkeit und auch dort explizit mit Verweis auf den Punkt Anlehnung „zu eng“.

Einige Pferde bzw. deren Ausbildung wurde deutlich durch den starken Schritt entlarvt, wo leider die meisten Pferde mit der Nase eingerollt hinter der Senktrechten blieben und wenig Raumgriff entwickelten.

Selbstüberschätzung

Insgesamt boten sich leider nur wenige reiterliche Lichtblicke. Oftmals hatte ich den Eindruck, dass die Grundlagen nicht sauber erarbeitet wurden. Ich kann natürlich leicht von der Bande urteilen, wo ich selbst weit davon entfernt bin, eine solche Prüfung auch nur ansatzweise reiten zu können. Aber genau aufgrund dieser Selbsteinschätzung und das Wissen über meinen und meines Pferdes Charakter käme ich erst gar nicht auf die Idee, zu einem Turnier melden.
Diesen Gedanke hätte ich auch einigen Reitern gerne eingepflanzt. Eine Reiterin hatte einen deutlich verkrampften Sitz, zog Knie und folglich Ferse nach oben und musste streckenweise mit deutlichem Fersen- und Schenkelklopfen treiben (Sporen hatte sie zum Glück nicht dran). Wenn den Reiter schon der eigene Ehrgeiz packt, sollte doch wenigstens der Trainer Einhalt gebieten und von einer Meldung abraten – sollte man meinen. Kommentar des Richters dazu: „Das ist heutzutage nicht mehr so.“

Ausrüstungsmängel

Negativ ist mir zudem die Ausrüstung aufgefallen. Falsch liegende Sättel oftmals noch mit zig Decken unterpolstert, wo man sich zwangsläufig fragt, warum ein passender Sattel so viele Decken benötigt bzw. warum er nicht angepasst wird, wenn er nicht passt. Zudem sah man häufig falsch verschnallte Kandaren (strotzend oder durchfallend), aber das läuft nicht in die Wertung ein, da man der Klasse davon ausgeht, dass die Reiter mit ihrer Ausrüstung umzugehen wissen.

Erfreulicherweise sah man kaum Bling-Bling und viele Reitkappen!

Es liegt nicht an den Richtern …

… zumindest nicht an der Basis, wie so oft kritisiert wird. Ich habe das Gefühl, dass eher falsch verstandener Ehrgeiz und blindes Nacheifern des Nachwuchses ist. Andernfalls würde manch eine/r sich nicht getrauen, auf ein Turnier zu gehen und sich der Öffentlichkeit präsentieren. Aber auch die Trainer spielen eine Rolle, denn sie hätten die Möglichkeit einerseits korrekt und schonend (und oftmals zeitintensiv) auszubilden und andererseits ihre Zöglinge vor solchen Schnellschüssen zu bewahren. Dagegen spricht dann wohl der Ehrgeiz, so dass manch Trainer um seine Existenz bangen muss, wenn am Ende der Saison nicht genug Schleifen gesammelt sind.

Ein Teufelskreis. Und die Richter schütteln amtsmüde (?) mit dem Kopf.

 

Protest gegen die Einführung einer Pferdesteuer

Seit einigen Wochen formiert sich ein Widerstand gegen die Einführung einer Steuer, wie ich es bisher noch nicht beobachten konnte. Zwar hat das Thema noch nicht seinen Weg in die ganz großen Medien gefunden, aber das ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Seit die hessische Gemeinde Bad Sooden-Allendorf (BSA) die Einführung der Pferdesteuer beschlossen hat (der Satzungsentwurf soll am 14.12.2012 schlussgezeichnet werden), laufen Pferdefreunde deutschlandweit Sturm und das nicht zu Unrecht, wie ich finde.

Die Gemeinde BSA hat hessenweit nach eigenen Angaben die höchste Pro-Kopf-Verschuldung80 Millionen Euro Schulden verteilen sich auf 8400 Einwohner und ca. 150 Pferde. Diese 150 Pferde sollen im Rahmen des Sparprogramms der Gemeinde nun mit 200 Euro besteuert werden und der Gemeinde somit 30’000 Euro Einnahmen pro Jahr bringen. Sicher ein Tropfen auf den heißen Stein, aber irgendwo muss man ja mit dem Sparen anfangen, warum nicht bei den reichen Reitern?
So einfach ist es natürlich nicht, wenngleich die Argumente der Pro-Pferdesteuer-Seite auf den ersten Blick logisch klingen mögen.

Ausgleichende Gerechtigkeit – Hunde werden schließlich auch besteuert

Wenn Hunde besteuert, warum dann nicht auch Pferde? - Foto: N. Frank  / pixelio.de
Wenn Hunde besteuert, warum dann nicht auch Pferde? – Foto: N. Frank / pixelio.de

Eine Abwandlung, die ich neulich sah: Es wird ja nicht das Pferd besteuert, sondern die Haltung desselben. So liest sich auch der Satzungsentwurf von BSA, aber das ist Wortglauberei. Die Besteuerung von Hunden ist ein Relikt aus dem 18. Jahrhundert, als der Besitz eines Hundes, der nicht praktisch genutzt wurde (Jagd, etc.), als purer Luxus galt – das wurde früher aus Prinzip besteuert. Heute ist sie als Aufwandssteuer deklariert und steht keiner Gegenleistung der Gemeinde gegenüber wie etwa der Reinigung von Wegen. Sie wird aber auch gern als Lenkungssteuer bezeichnet, da sie durch ihre Ausgestaltung (jeder weitere Hund kostet mehr) durchaus dazu geeignet ist, den Hundebestand einer Gemeinde auf einem gewissen Niveau zu halten.
Diverse Gemeinden in Hessen wurden nun – anscheinend durch ein Handbuch zur Haushaltskonsilidierung der schwarz-gelben Landesregierung – angehalten zu prüfen, inwiefern eine Pferdesteuer als Aufwandssteuer eingeführt werden kann. Dies wäre gegenüber den Hundehaltern durchaus gerecht, wenn denn das Halten von Pferden nicht schon in diversen Variationen besteuert werden würde. Im Gegensatz zum Hund ist man als Pferdehalter stets auf Stallungen angewiesen, die unterhalten werden müssen. Als Selbstversorger müssen Stroh, Heu und Futter gekauft werden, welche natürlich mit einer Mehrwertsteuer belegt sind. Als Einsteller zahlt man Pensionskosten, welche seit 2006 dem erhöhten Mehrwertsteuersatz von 16%, 2007 dann 19% unterliegen, und in der Regel vollumfänglich auf den Einsteller umgelegt werden. Hinzu kommen natürlich Steuern, die bei Anschaffung vom Pferd selbst (seit 2012 übrigens auch 19% Mwst) bei gewerblichen Kauf anfallen sowie den vielen Ausrüstungsgegenständen, die man braucht. Nicht zu vergessen sind die Versicherungssteuern die bei Tierhalterhaftpflicht und ggf. OP-Versicherung anfallen. Das mögen unterm Strich Peanuts sein, stellen aber jetzt schon eine zusätzliche Belastung dar, die der Hundesteuer in etwa gleichkommt. Der Unterschied mag darin liegen, in welchen Topf die Steuer fließen.

Im Übrigen ist Deutschland eines der wenigen Länder, die Hundehaltung noch besteuert. Stattdessen Hundehalter nach einer Gleichberechtigung rufen derart, dass Pferdehalter auch zahlen, sollten sie doch andersrum und im Sinne des eigenen Geldbeutels argumentieren: Abschaffung der Hundesteuer! Ebenso irrsinnig halte ich die Forderung, die mancherorts durchgeklungen ist, doch gleich alle Haustiere mit einer Steuer zu belegen.

Pferde verdrecken die Straßen und beschädigen Wald und Flur

Das unbedachte Reiten über Felder kann Flurschäden verursachen. Brache Felder sind meist unkritisch. – Foto: Sabine Fischer / pixelio.deJa, da mag was dran sein, aber sind wir doch mal ehrlich: Was juckt es mein Auto, wenn Pferdeäpfel im Profil stecken. Viel mehr ärgert man sich doch über die kleinen, unscheinbaren Hundehaufen, die penetrant riechen und ewig im Schuh-Profil anhaften zu scheinen.
Wieder sachlich: Bei OpenPetition les ich das Argument, dass viele Gemeinde Reitwegenetze unterhalten, Reiter sich daran nicht halten und Waldwege beschädigen, was sehr teuer in der Reparatur wäre. Dies alles würde bereits von Steuergeldern gedeckelt. Das Anlegen und Unterhalten von Reitwegenetzen soll eigentlich mit den Einnahmen aus der Pferdeplakette erfolgen. Dafür zahlen (Aus-)Reiter jährlich einen Obulus und erhalten eine eindeutig identifizierbare Plakette. Flurschäden, die aus Unwissenheit, Dummheit oder Ignoranz – schwarze Schafe gibt es überall – entstehen, können darüber übrigens verfolgt und geahndet werden. Das setzt natürlich voraus, dass man den Übeltäter erwischt, aber das ist ja bei allen Ordnungswidrigkeiten so. Die Reitplakette ist somit eine sehr gezielt eingesetzte Einnahmequelle genau für diesen Zweck, womit dieses Argument bereits entkräftet wäre.

Wer sich ein Pferd leisten kann, wird ja wohl noch die paar Euro aufbringen können

Die Masse der Pferde sind keine Spitzenpferde zu Spitzenpreisen. - Foto: Thorben Wengert  / pixelio.de
Die Masse der Pferde sind keine Spitzenpferde zu Spitzenpreisen. – Foto: Thorben Wengert / pixelio.de

Das geht natürlich in die Richtung Luxussteuer, denn in vielen Köpfen scheint Pferdesport immernoch ein elitäres Vergnügen zu sein. Liest man Berichterstattungen über Pferdeauktionen mit Millionenerlösen oder – bestes Beispiel – den vermutlich 10 Millionen Euro teuren Totilas, mag das berechtigt sein, aber dies ist nun wirklich nur die Upper Class – dieses Klientel räuspert sich, lächelt und legt die Scheine auf den Tisch. Der Großteil der Pferde ist nun aber nicht Spitzensportler und verdient seinem Halter den Lebensunterhalt. Es ist ja auch nicht jeder Hobby-Läufer bei den Olympischen Spielen und das ist der entscheidende Punkt: Der Reitsport ist für die meisten Menschen ein Hobby und Turnierteilnahmen dienen dem persönlichen Ego oder dem sportlichen Vergleich, nicht aber dem Einkommen. Der Reitsport steht mittlerweile allen Schichten offen und das ist auch gut so, denn er fördert meiner Ansicht nach die soziale Kompetenz und ist nachgewiesener Weise gesund.
Demzufolge sparen sich viele Reiter ihr Hobby mühsam ab. Was andere für Urlaub oder teure Anschaffungen zurücklegen, investieren viele Reiter in ihr Hobby. Für diesen Ausgleich vom Alltag wird häufig knapp kalkuliert, mit Sicherheit auch manchmal zu knapp. Die Aussage „Wer sich gegen eine Pferdesteuer ausspricht, kann sich diese nicht leisten und somit auch nicht wirklich ein Pferd“ halte ich für hahnebüchen. Erstmal ist die Herleitung völlig unlogisch, denn nur weil ich mir eine Steuer „leisten“ kann, muss ich nicht dafür sein. Selbstverständlich sollte der eigene Geldbeutel nicht allzu knapp kalkuliert sein, so dass Sonderausgaben, die bei Pferden schnell mal sehr hoch werden können (Stichwort Tierarzt), unmöglich werden. Allein deswegen jemanden des Recht abzusprechen, Reitsport zu betreiben, finde ich unfair.
Es geht nicht darum, ob man sich eine Steuer leisten kann oder nicht, sondern die Sinnhaftigkeit!

Weitere Pro-Argumente …

Spitzensportler sind meist gesponsort und Berufsreiter. Sie wären von der Steuer befreit. - Foto: Paulwip  / pixelio.de
Spitzensportler sind meist gesponsort und Berufsreiter. Sie wären von der Steuer befreit. – Foto: Paulwip / pixelio.de

… sind eigentlich keine, sondern ähneln eher dem Gejammer im Kindergarten „Der hat mein Förmchen geklaut.“ Interessant ist, dass auf der Pro-Seite sehr oberflächlich argumentiert wird und wenig Hintergrundwissen herrscht. Da wird nach Kennzeichnungspflicht und Führerschein für’s Pferd gerufen. Alle Turnierreiter seien wohlhabend und auf jedem Pferd säßen „Doktortöchterchen“. Zur Kennzeichnungspflicht habe ich bereits etwas gesagt, zum Turnierreiten ebenfalls. Ergänzend dazu sei gesagt, dass Turnierreiter, die wirklich Geld mit Turnierstarts verdienen (die Spitzensportler eben), in der Regel Berufsreiter sind und nach dem Satzungsentwurf von BSA, der hier sicher beispielgebend ist, nicht steuerpflichtig wären, denn das Pferd wäre ja ihr Arbeitsmittel. Allgemein wären alle Pferde, die zu gewerblichen Zwecken gehalten werden, von der Steuer befreit und es träfe ausschließlich die Hobbysportler. Bezüglich des Führerscheins nur so viel: Den gibt es in gewisser Weise schon: der deutsche Reitpass, wenngleich er (noch) keine Bedeutung wie der Führerschein für Fahrzeuge hat. Der Besitz des Reitpass kann sich beispielsweise positiv oder negativ bei Unfällen auswirken. Wer nachweislich weiß, wie man zu Pferd eine Straße überquert, es dennoch falsch macht und somit einen Unfall verursacht, wird sicherlich im „Strafmaß“ anders behandelt wie jemand ohne das Wissen.
Dieser Punkt bezüglich der Straßensicherheit ist aber ein vollkommen anderes Thema, dass aus meiner Sicht aber ebenfalls in den Fokus gerückt werden sollte genauso wie die Schulung von Autofahrern, wenn es um Reiter im Straßenverkehr geht.

Contra: Die Pferdesteuer vernichtet Arbeitsplätze

Ein Beruf der abhängig vom Pferd ist: Hufschmied - Foto: Karl-Heinz Laube  / pixelio.de
Ein Beruf der abhängig vom Pferd ist: Hufschmied – Foto: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

Das Argument ist sehr schlagkräftig, benötigt aber einer längeren Herleitung und greift erst bei einer flächendeckenden Besteuerung. Die Industrie um den Reitsport ist sehr umfangreich: Ausrüstung, Tierarzt, Versicherung, Hufschmied, Trainer, Pensionsställe, Heilpraktiker und und und. All diese Berufszweige verdienen pro Pferd, sichern Arbeits- und Ausbildungsplätze und haben Abhängigkeiten zu anderen Industriezweigen insbesondere der allgemeinen Landwirtschaft. Einzelne Existenzen fühlen sich bereits jetzt spürbar bedroht, wie ein Hof in der Gemeinde BSA: Erste Einsteller haben ihre Boxen gekündigt, um in einer steuerfreien Nachbargemeinde unterzukommen. Die Existenz dieses Hofes ist somit essentiell bedroht mit dem Nebeneffekt, dass der Gemeinde hier nicht nur die Steuereinnahmen der Pferde entgehen, sondern auch die Gewerbesteuer des Reitstalls, sollte dieser schließen müssen.
Diese „Steuerflucht“ ist für Hofbetreiber dramatisch, funktioniert für Pferdebesitzer aber nur solange, wie nur vereinzelte Gemeinden die Steuer erheben und Nachbargemeinden eben nicht. Bereits jetzt zeichnet sich trotz der Proteste aber ein Trend ab, sollte BSA die Steuer durchsetzen. Immer mehr Gemeinden entdecken die Idee für sich und sollte sich die Steuer flächendeckend durchsetzen, werden viele Pferdebesitzer ihr Hobby aufgeben müssen. Es sind immerhin Steuern an die 1000 Euro pro Jahr im Gespräch und Angleichungen zwischen den Gemeinden und Steuererhöhungen im Laufe der Zeit wäre absehbar. In der Folge würde immer weniger Dienstleister rund ums Pferd benötigt und nach und nach verschwinden Arbeitsplätze.

Der Reitsport wäre der erste besteuerte Sport in Deutschland

Therapiepferde sind von der Steuer ausgenommen, aber wann beginnt Therapie? - Foto: Martin Schemm  / pixelio.de
Therapiepferde sind von der Steuer ausgenommen, aber wann beginnt Therapie? – Foto: Martin Schemm / pixelio.de

Reiten ist Sport und wird von öffentlicher Hand gefördert. Reiten gehört außerdem zu den sechs Sportarten in Deutschland, die die harten Auflagen des Gesundheitssports erfüllen. Reiten wird zu therapeutischen Zwecken eingesetzt und erzielt erstaunliche Forschritte bei geistig und körperlich behinderten Menschen. Ein Großteil der aktiven Sportler sind Jugendliche.
Wird der Reitsport besteuert, würde all dies ad absurdum geführt werden oder spürbar eingeschränkt werden. Zwar wird beim Satzungsentwurf von BSA die Besteuerung von therapeutisch eingesetzten Pferden ausgeklammert, dennoch fragt man sich, wo die Grenze ist. Wann ist ein Pferd ein Therapiepferd? Ohne ausgebildetes Therapiepferd zu sein, kann der Kontakt am Koppelzaun schon Wunder bewirken. Außerdem werden die wenigstens Pferde ausschließlich als Therapiepferd eingesetzt, sondern ganz normal sportlich genutzt.
Am schlagkräftigsten dürfte hier jedoch ein Gutachten sein, welches die deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) bereits Anfang des Jahres in Auftrag gegeben hat, nachdem schon 2011 eine Welle der Empörung durch Deutschland ging. Das Ergebnis ist eindeutig: Eine Steuererhebung verstieße gegen so gut wie jede Landesverfassung, da u.a. die Besteuerung zur gemeindlichen Einnahmeerzielung die Ausübung einer anerkannten Sportart erschweren würde und somit der in den Landesverfassungen verankerten Sportförderung entgegenstünde.

Sollte die Steuer tatsächlich in BSA verabschiedet werden, dürfte der Gang vors Gericht sehr interessant werden. Ich hoffe nicht, dass es soweit kommt, sondern dass BSA sich besinnt und von der Pferdesteuer abrückt.

Heute, am 14.12.2012 um 18:30 Uhr findet in Bad Sooden-Allendorf eine offizielle Demonstration gegen die Einführung der Pferdesteuer statt. Angekündigt sind derzeit etwa 5000 Demonstranten. Jeder Reiter in Deutschland ist aufgerufen an dieser Demonstration teilzunehmen und ein eindeutiges Zeichen GEGEN die Pferdesteuer zu setzen.
Wenngleich ich selbst nicht daran teilnehmen kann, bitte ich alle Leser, die die Möglichkeit haben, diese auch zu nutzen. Aus Sicherheitsgründen sind keine Pferde erlaubt und bitte bleibt sachlich.

Wer nicht selbst gestaltet, wird gestaltet!

 

Equidenpass: Schlachtpferd oder Nicht-Schlachtpferd

Was schuldet man dem treuen Blick?

Das ist wohl eine der wichtigsten und weitreichendsten Entscheidungen, die man bei der Beantragung des Equidenpassen zu treffen hat.

Deklariert man das Tier als Schlachtpferd, ist die Medikation eingeschränkt. Ein Nicht-Schlachtpferd kann dagegen mit Medikamenten versorgt werden, die andernfalls nicht zur Verfügung stehen. Diese Regelung ist darin begründet ist, dass Pferde in der EU als Lebenmitteltier gelten und geschlachtete Pferde in der Regel in den Lebensmittelkreislauf gehen. Das heißt nicht, dass Nicht-Schlachtpferde nicht geschlachtet werden dürfen (klingt paradox), sie dürfen anschließend nur nicht als Lebensmittel verwertet werden. Aus diesem Grund dürfen Schlachter Pferde auch nur mit Equidenpass annehmen, zumal darin auch die „zusätzlichen“ Medikamente verzeichnet werden.

Für mich war die Entscheidung bisher immer klar gewesen, weshalb ich sowohl Lady als auch Bonita als Nicht-Schlachtpferd eingetragen hatte. Ich hab überhaupt kein Problem damit, wenn Pferde zur Lebensmittelgewinnung geschlachtet werden. Wenn jemand gern Pferdefleisch ist, dann ist das so. Ich mag es nicht, aber deswegen würde ich nie jemanden verurteilen. Der eine mag halt Sushi, der andere Pferdefleisch, wieder andere mögen kein Hühnchen – Geschmackssache. Mich kann man auch nicht schocken mit solch Sprüchen wie „Dann kommt das Pferd in die Wurst.“ Aber zurück zum Thema.
Dass ich meine bisherigen Pferde als Nicht-Schlachtpferd deklariert habe, liegt einfach an der emotionalen Bindung. Ich habe mit meinen Pferden viel Freud und leider auch Leid durchlebt, weshalb ich mir nicht vorstellen mag, dass eines meiner Pferde auf irgendjemandes Teller oder im Fressnapf von Bello liegt. Also war die Entscheidung bisher immer klar.

Bei Nevado habe ich mich anders entschieden. Nicht weil ich keine Bindung zu meinem Pferd hätte – das wäre eine glatte Lüge – sondern aufgrund einiger interessanter Gespräche, die ich zwischenzeitlich zu dem Thema hatte.

Zum Einen wäre da der finanzielle Aspekt. Das Einschläfern eines Pferde – oder Euthanasie eines Equiden, wie es nüchtern auf der Rechnung steht – kostet ca. 200 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Entsorgung, der Abdecker, die sehr unterschiedlich und abhängig davon sind, ob man in die Seuchenkasse einzahlt oder nicht. Da Pferdehalter in der Regel in die Seuchenkasse einzahlen, von der sie ja auch die Betriebsnummer bekommen (siehe hier), sollten die Abdeckerkosten in der Regel gering sein (ich hab damals 20 Euro oder so gezahlt, da Lady ja in einem Pensionsstall (= Pferdehalter) stand, der selbstverständlich bei der Seuchenkasse registriert ist).
Das Schlachten eines Pferdes bringt dagegen Geld. Je nach Gewicht des Tieres und Qualität des Fleisches zwischen 250 und 400 Euro. Interessanterweise bringen Schimmel laut Auskunft einer Freundin meist weniger Geld, da Schimmel häufig unter Melanomen leiden, die in das Gewebe streuen. Es gibt quasi mehr Verschnitt und weniger verwertbares Fleisch (wenn überhaupt). Ich schweif wieder ab.

Der andere Aspekt, der für meine Entscheidung viel bedeutender war, ist folgender:

Was passiert mit dem eingeschläferten Pferd?

Ein eingeschläfertes Pferd liegt zunächst tot auf der Wiese oder wo auch immer die Spritze gesetzt wurde, bis der Abdecker kommt. Da der Abdecker nicht extra für ein einzelnes Tier kommt, sondern Touren fährt bis – so fies es klingt – der LKW voll ist, kann es schonmal passieren, dass das Pferd einige Tage tot auf der Wiese liegt. Etwaige Verwesungsprozesse, Fliegenbefall, etc. kann sich jeder selbst ausmalen, der Simon Beckett o.ä. gelesen hat.
Ich war damals auch sehr erleichtert, dass der Stallbesitzer das alles organisiert hat, so dass Lady nur wenige Stunden da lag, bis der Abdecker kam. Ursprünglich wollte ich Lady auf ihrem letzten Weg beistehen, was aber aus beruflichen Gründen nicht ging. Spätestens wenn der Abdecker gekommen ist, wäre ich aber vom Hof gewesen. Ich hätte nicht mit ansehen wollen, wie Lady an den Hufen hochgezogen und in den LKW gehoben worden wäre. Schon allein das Entfernen der Hufeisen am Vortag war schon beklemmend genug. Was danach passiert, darüber hatte ich mir bis dahin wenig Gedanken gemacht, aber das war quasi der Fehler.

Das Pferd geht in die Tierkörperverwertung. Kurz zusammengefasst, wird den Tieren das Fell (= Decke, daher Abdecker) abgezogen, anschließend wird das Tier klein gehäckselt. Der Fleischbrei wird entfettet, getrocknet und gemahlen – das sogenannte Tiermehl ist entstanden, welches als Mastfutter weiterverwendet wird oder aber auch in Kohlekraftwerken der Kohle zur Verbrennung beigemischt wird. Das extrahierte Fett wird in der chemischen Industrie verwendet, beispielsweise zur Herstellung von Schmierfetten oder bei Biodiesel.
So nüchtern die Lektüre bei Wikipedia ist, reicht es wohl für ein anschauliches Bild aus.
Wenn ich mir nun die Frage stelle, soll mein Pferd in die Wurst: JA! Lieber sehe ich nun mein Pferd auf irgendjemandes Teller statt als Mehl im Futtertrog oder als Schmierfett. Das hat mehr Würde und das Pferd, mit dem man soviel durchlebt hat, mehr verdient.

Also hab ich diesmal das Kreuz bei „Schlachtpferd“ gesetzt.

Dann kam die FN.

Mein Pferd ist nun doch ein Nicht-Schlachtpferd.

Entscheidung durch die FN geändert.

Vor ca. einer Woche kam endlich der Equidenpass bei mir an und beim Durchblättern fiel mir sofort auf, dass das Kreuz des Tierarztes durchgestrichen und bei „Nicht-Schlachtpferd“ durch die FN gesetzt wurde. Erstmal war ich fuchsteufelswild und wollte die FN am Telefon rund machen (übrigens auch eine Redewendung aus der Reiterei, die ins Negative gerutscht ist – ach ich schweif heut dauernd ab). Ein Beiblatt zum Equidenpass klärte aber die Situation auf, womit ich zwar nicht zufrieden bin, mein Frust sicher nicht eingedämmt ist, aber die FN einen erbosten Anrufer weniger hatte.
Schuld sind wieder die EU-Richtlinien und die FAQ des bayrischen Zuchtverbandes fasst es recht gut zusammen (zwar gemünzt auf den Zuchtverband, aber analog gültig für die FN und alle anderen Zuchtverbände):

Alle Equiden für die nicht bis zum 31.12. ihres Geburtsjahres oder spätestens ein halbes Jahr nach ihrer Geburt, je nachdem, welche Frist später abläuft, der Equidenpass beantragt wurde, sind nach der neuen Viehverkehrsordnung ausnahmslos als „Nichtschlachtpferde“ zu kennzeichnen. Diese Equiden erhalten entweder einen grünen Ersatzpass (Freizeittiere) oder einen roten Duplikatpass (Zuchttiere mit Abstammungsnachweis), in denen bereits der Status „Nichtschlachtpferd“ im Arzneimittelanhang vom Landesverband Bayerischer Pferdezüchter e.V. dokumentiert wurde.
(Seit 1. Juli 2009 geltende Rechtslage, VO Nr. 504/2008)

Und da Nevado mit 3 Jahren und 8 Monaten so oder so außerhalb der Frist liegt, ist er notgedrungen ein „Nicht-Schlachtpferd“.

Dennoch bin ich froh, mir diese Gedanken gemacht und Gespräche dazu geführt zu haben, denn mein Blickwinkel hat sich dadurch wesentlich geändert.

Exkurs: Jemanden rund machen.

Ein Pferd rund reiten heißt, dass es durchlässig ist und somit an den Hilfen steht. Es macht also möglichst genau das, was der Reiter ihm signalisiert. Die Aufforderung, das Pferd rund zu reiten, heißt also, es durchlässig zu machen, was grundsätzliches nichts Negatives ist. Die Art und Weise ein Pferd rund zu reiten macht es positiv (mühsame Arbeit) oder negativ (bsp. Rollkur).
Und wenn man jemanden rund macht, heißt es eben nix anderes – nur das negativ gemeint ist.

Dieser Equidenpass regt mich auf

Nachdem am 07. Februar meine Bonita endlich gechippt wurde und der Antrag noch in der selben Woche nach Warendorf ging, hab ich letzte Woche endlich eine Antwort gehabt – leider kein Equidenpass.

Nach 7 Wochen Bearbeitungszeit hat jemand bei der FN korrekterweise festgestellt, dass die Registriernummer des Tierarztes (so was ganz ähnliches wie die Halternummer) unvollständig war – mein Tierarzt hat eine lumpige Ziffer vergessen zu übertragen.
Da so ein Pferdetierarzt ja selten in einem Büro/Praxis agiert sondern eher zwischen Tür und Angel im Halbdunkel des Kofferraum eines vollbeladenen Kombis kann das ja mal passieren. Es ist ärgerlich aber: so what. Dass dieser Drecks-Antrag aber erstmal 7 Wochen auf einem Schreibtisch rumlungert bevor er in die Hand genommen wird, um dann festzustellen, dass in der zweiten (!!!) Zeile des Antrags was nicht stimmt … 7 Wochen !!!1!!!elf!

Das sind 7 Wochen in denen man wie auf Eiern sitzt, weil man befürchten muss, Ärger (evtl. sogar ein Bußgeld) zu bekommen, weil das Pferd keinen Equidenpass hat. Zugegeben die Ausrede, man habe den Antrag bereits gestellt, lässt sich einfach nachweisen und dürfte laut Tierarzt auch bei Polizei, Veterinäramt und Tierkliniken ziehen, aber vom Prinzip her – argh.

Ohne in Prozessoptimierung, Organisationswesen oder Qualitätsmanagement groß bewandert zu sein: Warum kann man bei der FN (und auch anderswo) Posteingänge nicht bereits beim Öffnen auf Vollständigkeit prüfen? Die 7 Wochen sind für mich ein Indiz, dass dem nicht so ist!
Dann würde unabhängig von der eigentlichen Bearbeitung des Antrags, schon früh erkannt werden, dass die Bearbeitung gar nicht stattfinden kann. Man würde sich viel zusätzliche Arbeit, Unmut und vor allem Erklärungsnöte sparen. Aber nein …

Jetzt kommt am Freitag mein Tierarzt zum Impfen, Nachkontrollieren etc., ich werde seine Registriernummer nochmal notieren, den Antrag in abgespeckter Form (wenigtens etwas) nochmal nach Warendorf schicken und dann wahrscheinlich nochmal 8 Wochen warten, bis ich den Equidenpass in der Hand halte und keine Bedenken mehr haben muss, wenn ich mit Bonita auf Reisen muss.
Aber bei meinem derzeitigen Glück lässt die FN sich dermaßen viel Zeit mit der erneuten Bearbeitung, dass ich zwischenzeitlich umgezogen bin, das Pferd quer durch Deutschland ohne Papiere kutschiert habe (wenn man mich ohne Pass überhaupt in den potentiell neuen Stall lässt) und der Equidenpass derweil per Einschreiben an meine dann nicht mehr existente Adresse geht, wo er nicht angenommen werden kann und dann herrenlos wieder bei der FN liegt, wo ich ihn nach trölfzig Telefonaten und Erklärungen dann Weihnachten 2030 endlich in den Händen halte … nach 3 Umzügen für ein Pferd, was es dann vielleicht gar nicht mehr gibt.

Yippieh!

Es geht vorwärts und abwärts …

… und zwar vorwärts-abwärts wie es sein soll.

Vor dreieinhalb Wochen hab ich ja erstmals von Bonita berichtet und dem ersten Ziel „Longieren“. Zunächst hab ich natürlich getestet, was geht: Bonita kann wunderbar im Kreis laufen, aber sobald die Longe ins Spiel kam, klebte sie an mir. Den Einsatz der Longierpeitsche quittierte sie damit, mir ihren Allerwertesten zu zeigen. Da das Longieren auf die Art und Weise nichts bringt und zudem gefährlich ist (bsp. wenn das Pferd beim Bocken in die Longe tritt), sind wir auf 0 zurückgegangen.

Ich hab mit Bonita also zunächst am Kappzaum Biegung und Stellung im Stehen geübt und anschließend im Schritt. Dazu bin ich rückwärts gehend vor Bonita hergegangen. Auf die Art und Weise hab ich Bonita vollständig im Blick und sehe ob sie ausreichend mit dem inneren Hinterbein unter den Schwerpunkt tritt. Tut sie das nicht (was anfangs der Fall war) touchier ich mit der Dressurgerte die Schenkellage. So kann ich einerseits die innere Hinterhand aktivieren und andererseits lernt sie die innere Schenkelhilfe, die ich ja später im Sattel einsetze.
Dieses Spiel habe ich möglichst gleichmäßig auf linker und rechter Hand wiederholt und vor allem jeden kleinen Fortschritt gelobt. Wie jedes Pferd hat Bonita eine angeborene Schiefe, sie geht also auf einer Hand besser als auf der anderen. Im Gegensatz zur menschlichen Händigkeit muss die Schiefe beim Pferd korrigiert werden, wenn es ohne Probleme das Reitergewicht tragen soll: das Geraderichten. Erfahrungsgemäß wechselt die Händigkeit eines Pferdes ab und an. Falsch wäre es, die jeweils schlechtere Hand intensiver zu trainieren als die stärkere, da die Händigkeit sonst ständig umschwenkt und man nie wirklich zum Geraderichten kommt.

Vom Geraderichten sind Bonita und ich noch weit entfernt. Bonita tritt zwar schon gut über, aber sie tritt mit dem inneren, hinteren Huf nicht in den Abdruck des inneren, vorderen Hufes – sie läuft also eher auf drei bis vier Spuren statt auf zwei. Die Biegung erreicht also noch nicht vollständig die Hinterhand. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht so dramatisch, da Bonitas Muskulatur noch etwas fest ist. Da die effektivste Methode, die Rückenmuskulatur zu lockern, die Galopparbeit an der Longe ist, aber Bonita genau das noch nicht kann, ist die Lockerung der Muskulatur nicht von heut auf morgen vollbracht. Aber ich denke, wir befinden uns auf einem guten Weg.

Nachdem Bonita also recht gut untertritt mit meiner Führposition rückwärts vor ihr, habe ich angefangen die Fürhposition langsam zu wechseln. Langsam heißt, dass ich aus dem Rückwärtsgehen langsam in die Führposition an Bonitas Schulter gewechselt bin. Wenn sie dann ein paar Schritte zuverlässig neben mir hergegangen ist unter Beibehalten der Biegung und Stellung, habe ich sie gelobt und die Hand gewechselt. Wenn sie sich quer gestellt hat oder bockig war, bin ich wieder einen Schritt zurück gegangen und habe wieder die rückwärtsgehende Führposition eingenommen. Wenn Bonita die Übung gut vollbracht hat, habe ich die gesamte Übungseinheit beendet. Es bringt nichts, wenn eine kleine Übung nicht funktioniert, sie bis zum Erbrechen durchzuexerzieren. Das bereitet Unmut, stresst und bringt keinen Trainingserfolg, den es aber braucht, damit die gesamte Übungseinheit positiv im Pferdekopf bleibt. Nur so kann ein Lerneffekt eintreten. Ich gebe zu, das ein oder andere Mal eine Übung überstrapazipiert zu haben. Wenn ich so eine Situation erkannt habe, habe ich versucht, zumindest einen richtigen Tritt von Bonita zu erlangen und das mit sofortigen Lob zu verbinden und den Tag zu beenden. Alternativ kann man auch die Übung abbrechen und eine andere, sicher sitzende Übung zum Abschluss durchzuführen. Hauptsache ist, dass man die Einheit mit einem positiven Ereignis beendet statt mit Frust. Eine wichtige Lektion, die ich für mich vergangene Woche dank Lektüre von Kirsten Jung (s. Bild) gelernt habe, ist, dass ein Pferd nicht weiß, was ich beabsichtige: Wenn es also eine Übung anders erfüllt als ich es will, lass ich es glauben, dass das meine volle Absicht war – gerade zu Beginn der Ausbildung sollte man von dieser Methode m.E. reichlich Gebrauch machen statt zu strafen. Andernfalls erhalte ich ein unmotiviertes und saures Pferd.

Nachdem Bonita also relativ stabil neben mir hergegangen ist – also Führposition an der Pferdeschulter – habe ich angefangen meinen Abstand zum Pferd zu vergrößern. Statt den Führstrick direkt am Kappzaum zu greifen, habe ich den Strick bzw. die Longe länger gelassen und bin in Höhe der Schulter in ca. 1 Meter Entfernung von Bonita gegangen. Wenn sie versuchte zu mir zu drängen, habe ich sie mit der Dressurgerte auf Abstand gehalten, indem ich auf ihre Schulter gezeigt habe. Zu Anfang verhallt diese „Gertenhilfe“ leicht, weshalb ich die Gerte verkehrt herum gehalten habe, also mit dem Griff/Knauf zum Pferd. Den stabilen Griff nimmt das Pferd viel eher wahr als die labile Spitze der Gerte. Sobald dies für ein paar Tritte geklappt hat, habe ich Bonita überschwenglich gelobt und die Übung gewechselt.
Ich habe nicht jeden Tag die Übungen erweitert, denn das würde Bonita schnell überfordern und gerade sie reagiert auf Druck und Überforderung mit Bocken und das will ich ihr nicht anerziehen. Die Schulen über der Erde stehen noch in weiter Ferne 😉 Viel sinnvoller – das gilt auch für Menschen wie jedes ander Lebewesen – ist es eh, einmal Gelerntes mehrmals zu wiederholen und zu festigen, bevor man Neues vermittelt.

In diesem Sinne sind Bonita und ich derzeit soweit, dass wir auf der rechten Hand bereits mehrere Zirkel bei ca. 1,5m Führabstand gehen und links einen halben Zirkel bei 1m. Im Vergleich zu ca. 18 Meter Zirkeldurchmesser ist das noch nicht wirklich viel. Aber es ist eine Basis, die wir jetzt festigen werden und auf der wir bald sicher longieren können. Bald heißt nicht nächste Woche. Nächste Woche können wir auch wieder beim einfachen Führen sein, aber solche Rückschritte sind normal.

Wie bereits weiter oben erwähnt, habe ich auf Literatur zurückgegriffen. Zwar kannte ich die Grundlagen der Kappzaumarbeit bereits, aber mein Horizont belief sich dann doch nur weitestgehend auf die Arbeit mit meiner alten Stute Pfefferoni. Pfefferoni war damals schon ein solide ausgebildetes Pferd auf A/L-Niveau, das die Longe kannte und relativ gut gerade gerichtet war. Ein Pferd von Grund auf auszubilden, ist für mich absolutes Neuland. Ohne professionelle Hilfe werde ich das nicht bewältigen. Zu Beginn greife ich auf Literatur zurück und da habe ich – für unseren momentanen Ausbildungstand ideal – auf „Rückentraining mit dem Kappzaum“ von Kirsten Jung gefunden.
Zwar habe ich das Buch noch nicht vollständig gelesen, aber was ich bisher gelesen und gesehen habe, hat mir bereits sehr geholfen. Kirsten Jung erklärt Zustände, Merkmale und Übungen sehr anschaulich und die Bilder im Buch unstreichen des Erklärte sehr treffend. Wer also sein Pferd mit dem Kappzaum trainieren will, sollte ruhig einen Blick in dieses Buch werfen. Dennoch ist es empfehlenswert, sich zumindest einmal von einem erfahrenen Kappzaumnutzer die Handhabung und vor allem die Wirkungsweise eines Kappzaum am Pferd zeigen zu lassen. Dazu gehört auch die Wahl des Kappzaum und die korrekte Einstellung desselben.

Weitere Literatur, die ich empfehlen kann, ist die „Akademische Reitkunst“ von Bent Branderup und natürlich Gustav Steinbrechts „Das Gymnasium des Pferdes“. Ersteres ist ein Überblick über die Reitweise der akademischen Reitkunst mit hilfreichen Darstellungen und Tipps über Hilfegebung, Wirkungen und Ausrüstung vom Einreiten bis zur hohen Schule. Je nach Version des Buches ist eine DVD mit weiteren anschaulichen Tipps enthalten. „Das Gymnasium des Pferdes“ ist natürlich ein Klassiker und quasi Pflicht im Bücherregal eines Reiters. Basierend auf diesem Buch, welches Ende des 19. Jahrhunderts verfasst wurde, wurde die Heeresdinstvorschrift Nr. 12 – die zentrale Vorschrift der Kavallerie der Wehrmacht – und schließlich die geltenden reiterlichen Richtlininen der deutschen reiterlichen Vereinigung (FN) gestaltet. Zwar ist dieses Buch aufgrund seines Alters schwierig zu lesen, die Erläuterungen und Anweisungen sind aber unheimlich lehrreich.