Ein totes Pferd: Fitnesstracker von Jawbone

Das Jawbone Up3 - schlicht, elegant und voller Funktionen
Das Jawbone Up3 – schlicht, elegant und voller Funktionen

Ein halbes Jahr lang habe ich jetzt den Activity-Tracker Up3 von Jawbone genutzt und eigentlich bin ich auch sehr zufrieden. Eigentlich deshalb, weil ich mich nun doch von dem Armband getrennt habe und einen Kauf auch nicht weiter empfehlen möchte.

Aus diesem Grund möchte ich auch gar nicht viel zu Funktionsumfang, App, Tragegefühl, Optik, … sagen. Das alles kann man in vielen anderen Erfahrungsberichten nachlesen. Ich kann es bestätigen und ob das Armband etwas für einen persönlich ist, hängt ja letztlich auch davon ab, was man davon erwartet.

Eigentlich hatte ich einen Schlafphasenwecker gesucht. Die Suche nach einem Tischgerät war aber sehr ernüchternd, da der Funktionsumfang eines solchen Schlafphasenweckers sehr bescheiden scheint im Vergleich zum Preis von oft über 100 Euro.

Im Rahmen der Recherche bin ich dann auf das Up3 gestoßen, dass neben Schlafanalyse auch einen Schlafphasenwecker hat. Da das Up3 außerdem sehr schlicht daherkommt, jede Menge andere nette Features hat und damals bei ca. 70 Euro lag, hab ich mich kurzerhand dafür entschieden.

Auch im Armband sind Sensoren verbaut, somit ist es nicht austauschbar
Auch im Armband sind Sensoren verbaut, somit ist es nicht austauschbar

Der Schlafphasenwecker hat zwar nur bedingt für mich funktioniert (ich bin trotzdem einfach wieder eingeschlafen), aber in der Summe hab ich das Armband als netten Alltagsbegleiter empfunden und schätzen gelernt. Ich bekam aufeinmal einen Überblick über meine aktiven Zeiten, meine Herzgesundheit und wurde regelmäßig daran erinnert Flüssigkeit zu mir zu nehmen und vom PC aufzustehen.

 

Dass ich das Armband dennoch nicht zum Kauf empfehlen kann, liegt an einem (bekannten) Konstruktionsfehler und dem scheinbaren Rückzug von Jawbone vom Wearable-Markt. Ersteres führt dazu, dass das Armband in regelmäßigen Abständen kaputt geht und unbrauchbar wird. Letzteres führt dazu, dass es Jawbone mit der Garantie und dem Support nicht mehr allzu ernst nimmt und sich sehr viel Unmut gebildet hat.

Der Konstruktionsfehler

Der geöffnete Verschluss
Der geöffnete Verschluss

Das Problem mit dem Armband ist der Schließmechanismus. Er ist zugegeben etwas gewöhnungsbedürftig und teilweise wohl auch unzuverlässig, aber das hat mich nicht abgeschreckt. In meinem Fall ist es vielleicht 3 Mal in 6 Monaten von selbst aufgegangen. Das lag dann aber auch an mechanischen Einflüssen wie Uhr oder im Pullover verhakt. Beim Reiten, Laufen, Hausarbeit, Schlafen, Stricken … hat es immer gehalten. Verloren – wie es manch anderer Nutzer schreibt – habe ich es nie. Ich hab das Band allerdings auch relativ fest angelegt gehabt. Abgelegt habe ich das Band eigentlich nur zum Duschen und zum Aufladen. Da das aber ganz normale Szenarien sind, sollte sich das nicht negativ auf den Schließmechanismus auswirken dürfen.

Jawbone hat dieses Problem auch erkannt und bietet einen Sicherungsclip an, den man über die Webseite kostenlos ordern kann. Ich hab ihn leider nie erhalten, was wohl mit den Support-Problemen – weiter unten beschrieben – zusammenhängt.

Konstruktionsfehler: Verschluss
Konstruktionsfehler: Verschluss

An dieses Problem kann man sich gewöhnen und mit geeigneten Mittelchen sich zur Not selbst behelfen. Der eigentliche und viel gravierendere Konstruktionsfehler am Verschluss ist die Überlastung des Silikonarmbands hinter der Schließe, der schließlich zum irreparablen Bruch und damit der Unbrauchbarkeit des gesamten Bandes führt.

Durch den eingesetzten Mechanismus wird das Band hinter der Schließe stärker gebogen und mehr belastet als das restliche Band. Es besteht eigentlich ein permanenter Zug auf diese eine Stelle, so dass diese irgendwann bricht – so auch mein Band, wie man im Bild sieht.

Ich habe versucht dies mal schematisch darzustellen. Im Bild sieht man die linke und rechte Seite das Silikonbandes, die untere Hälfte der Schließe (grün) und die obere Hälfte (pink), die im Silikon eingegossen ist (pink gestrichelt).

Schema des Konstruktionsproblems
Schema des Konstruktionsproblems

An Stelle (1) und (2) besteht Zug auf das Band, der ggf. durch Bewegung der Hand oder des Armes noch verstärkt wird. Die obere Hälfte der Schließe ist mit der unteren verhakt, so dass diese aneinander gedrückt werden (3). Die unter Hälfte der Schließe wird auf der Seite, die mit dem Band verbunden ist quasi angehoben und drück somit gegen den im Silikon eingegossenen Teil der oberen Schließe (4). Dieser Druck nach oben in Kombination mit dem Zug auf dem Armband an sich (1) bewirkt, das an der Stelle hinter der Schieße das Silikon überdehnt wird bis es schließlich bricht (5).

Liest man Rezessionen bei Amazon und schaut sich dazugehörige Bilder an, wird man feststellen, dass das Band fast immer an genau dieser Stelle bricht oder an der gegenüberliegenden Stelle des Armbands. Immer nah am Verschluss, nie mittendrin oder gar am eigentlichen Körper des Bandes.

Nach dem, was ich so gelesen habe (auch in den Kommentaren!), passiert der Bruch immer zwischen 4-6 Monaten, manchmal auch später. Es ist quasi vorprogrammiert. Viele Nutzer haben geschrieben, dass sie in der Vergangenheit den Support von Jawbone kontaktiert haben, die haben das Band ersetzt und nach weiteren 4-6 Monaten ging der Spaß von vorne los. Hat man das Spiel 3-4 Mal durch kündigte Jawbone die Garantie auf und man musste sich ein neues Band kaufen.
Davon kann man halten was man will. Ich persönlich glaube, dass Jawbone irgendwann genervt war von den vielen Reklamationen und bei einem unverbindlichen Preis von 179 Euro ist es wirtschaftlich betrachtet schon äußerst lästig nicht nur einem sondern zig Kunden mehrfach das Band kostenlos zu ersetzen. Die Garantie aufzukündigen bei einem Produkt mit Konstruktionsfehler ist jedenfalls mehr als grenzwertig. Hier wäre es wohl angebrachter gewesen die Schließe neu zu konzipieren und einen Rückruf zu machen. Aber vermutlich war das Kind da schon zu lange im Brunnen, womit wir zum Support kommen

Jawbone-Support offline

Der Support hat nämlich irgendwann nicht mehr reagiert. Letzte Lebenszeichen gab es im Dezember auf Twitter und im Januar auf Facebook laut The Verge. Die Firma ist nicht geschlossen oder so, man reagiert gar nicht mehr auf die Anfragen der Kunden egal in welchem Bereich. Diejenigen, die sich genervt abgewendet haben und nun die Löschung ihrer Daten in der Jawbone-Cloud beantragt haben, werden genauso ignoriert, wie die Reklamationsanfragen. Gerade bei Garantiefällen ist das kritisch, weil die über den Hersteller abgewickelt werden sollen und nicht über den Händler. Aber was tun, wenn der Hersteller nicht reagiert, obwohl er in der Pflicht ist?

Ich weiß es nicht. Ich hatte den Kundensupport von Amazon kontaktiert. Ich hatte mein Band über den Marketplace aber mit Versand durch Amazon bestellt. In dem Fall ist Amazon für den Kundenservice zuständig. Dort sagte man mir, dass eine Reklamation in dieser Konstellation nicht möglich sei, aber ich kann das Band samt Zubehör zurückschicken und bekomme das Geld erstattet und könne mir ein neues Band bestellen. Dass die Erstattung so reibungslos funktioniert und das 6 Monate nach Kauf, fand ich schon bezeichnend. ich vermute bei Amazon kennt man die Problematik.
Ein neues Band zu kaufen, war tatsächlich erst mal reizvoll, da das Band mittlerweile nur noch 55 Euro kosten sollte. Letztlich habe ich das Band nur zurückgeschickt und mich aufgrund meiner Recherche, die in diesem Blogpost mündet, gegen einen Neukauf entschieden.

„Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steig ab!“

Die Hintergründe all dessen sind etwas wage. Einerseits gibt es klare Anzeichen, dass Jawbone sich aus dem Wearable-Geschäft zurückzieht bzw. zurückgezogen hat und sich nun auf Medizinprodukte konzentrieren will. Immerhin hat Jawbone bereits im Mai letzten Jahres die Produktion der Armbänder eingestellt und Restbestände an einen Reseller zum Abverkauf abgegeben. Andererseits dementiert Jawbone einen Rückzug und kündigte sogar neue Produkte an. Das war allerdings 2016 und passiert ist seitdem nichts. Seit Oktober letzten Jahres hab ich auch keine Werbung mehr für Fitnesstracker im TV gesehen. Hätte ich all diese Artikel schon im August letzten Jahres entdeckt, hätte ich mich wohl nicht für Jawbone entschieden, aber damals waren die Bewertungen bei Amazon auch noch überwiegend positiv und davon hab ich mich mit leiten lassen.

Summa summarum: Auch wenn der Puls scheinbar zu spüren ist, alle Anzeichen sprechen dafür, dass das Pferd „Up by Jawbone“ tot ist. Den langen Ritt auf einem toten Pferd erspare ich mir.

Alternativen zum Up3

Jetzt hab ich natürlich hin und her überlegt, mir einen Fitnesstracker eines anderen Herstellers zu kaufen. Fitbit hat Jawbone ja mittlerweile den Rang abgelaufen und bietet auch ein zierliches, unaufdringliches Modell (Fitbit Flex 2) an. Vom Funktionsumfang finde ich das Vivosmart HR von Garmin recht charmant. Am liebsten wäre mir eine Kombination aus beiden, denn das Garmin ist mir deutlich zu groß (ich möchte auch parallel eine normale Uhr tragen können) und dem Fitbit fehlt die Pulsmessung, wie es das Up3 hatte. Die eierlegende Wollmilchsau war für mich tatsächlich das Up3, eine akzeptable Alternative habe ich bisher nicht gefunden.

Andererseits lebe ich seit 4 Wochen ohne Wearable. Mein Leben geht trotzdem weiter. Ich geh schlafen, mache Sport, esse, … Es steht also die Frage im Raum, ob ich überhaupt ein Wearable brauche. Die Antwort: Brauchen tu ich es nicht, aber eins haben wäre schon nett 😉

Jawbone UP3 – Verbindungsprobleme nach Device-Wechsel

UPDATE: Da immer häufiger Fragen zu Verbindungsproblemen kommen, ein kleiner Vorab-Hinweis. Ich helf natürlich gerne, wo ich kann, aber ich habe mich mittlerweile vom Up3 getrennt, da es in meinen Augen einen Konstruktionsfehler hat (Armband bricht) und Jawbone scheinbar keinen Support (geschweige denn Gewährleistung) bietet. Das Band wird meines Wissens nach auch nicht mehr hergestellt, sondern nur noch Restbestände verscherbelt verkauft. Die Freude daran dürfte daher nur kurz sein. Statt eines neuen Up3 habe ich daher auf das Fitbit Alta HR gewechselt.

Bevor ich dazu komme einen Erfahrungsbericht zum Jawbone Up3 zu schreiben, muss ich erstmal ein kleines Problem schildern, dass ich mit dem Fitnesstracker hatte, nachdem ich es an einem neuen Device anschließen wollte. Es hat mich geschlagene eineinhalb Tage Zeit und Nerven gekostet.

Ausgangssituation

Ich hab das Jawbone Up3 an meinem HTC One betrieben. Da ich ein neues Smartphone habe, sollte es nun mit dem Samsung Galaxy S7 gekoppelt werden. Das Samsung Galaxy Tab S2 war auch ein Versuchskaninchen mit den selben Symptomen.
Nachdem ich das Problem lösen konnte, gehe ich davon aus, dass es unabhängig vom Smartphone ist und vielmehr ein Problem des Bandes war. Mehr dazu bei der Lösung.

Problem

Gekoppelt und gut
Gekoppelt und gut

Das Problem stellte sich wie folgt dar: Das Band lässt sich mit der App gemäß Anleitung koppeln, die Synchronisierung startet, bricht aber nach mehreren Minuten mit nur wenig Fortschritt (geschätzt 2%) ab. Das Band wird im Tray als „Verbunden“ angezeigt (weißes Symbol ohne Warnhinweise). Im Menü für das Band wird Seriennummer und Akku-Stand angezeigt, Das Band lässt sich nicht lokalisieren und die Optionen „Band resynchronisieren“ und „Banddaten löschen“ sind ausgegraut und somit inaktiv (Screenshot kann ich leider nicht zeigen, da dies durch Sicherheitsrichtlinien in Android verhindert wird). Im Tray wird nach wie vor „Verbunden“ angezeigt. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass die Akku-Anzeige nur dem Moment entsprach, in dem das Band gekoppelt wurde (blieb als unverändert über die Zeit).

Am alten Smartphone zeigte sich ein leicht abweichendes Bild. Die Synchronisierung lief bis ca. 45% innerhalb von 2 Stunden und brach dann ab.

Alle Fehler erfolgten übrigens ohne Fehlermeldung, außer dass das Band nicht lokalisiert werden konnte. Kein Fehlercode etc.

Lösungsversuche gem. Jawbone

Ich hab mich zunächst durch diverse Anweisungen des Internets, die letztlich alle auf dem Troubleshooting bzgl. Synchronisierung von Jawbone selbst fußen, konzentriert. Dazu gehören der Warmstart (Soft-Reset, Neustart des Bandes), der Kaltstart (Hard-Reset, Zurücksetzen des Bandes), die Reinstallation der App auf dem Smartphone, Neustart von Bluetooth und WLAN/Daten sowie des Smartphones sowie allerlei Kombinationen hiervon.

Lösung

Endlich wieder synchronisiert
Endlich wieder synchronisiert

Dem Problem bin ich auf die Schliche gekommen, als ich zum Test mein Tablet verwendet habe, um einen Gerätedefekt beim S7 auszuschließen. Das Band hat sich gekoppelt, im entsprechenden Menü wurde es angezeigt und die Optionen „Band resynchronisieren“ und „Banddaten löschen“ waren für eine Sekunde aktiv (hellblau) und dann inaktiv (grau). Am Band selbst war nach der Kopplung zwei kurze Vibrationen zu spüren.
Dazu kurz etwas zu den Vibrationen beim Koppeln: Man wird aufgefordert das Band zu aktivieren (Anschluss an Strom, was bei einem aktiven Band allerdings entfallen kann). Danach sucht die App das Band. Sobald es das Band gefunden hat, wird man aufgefordert, einen Finger solange aufs Band zu legen, bis es etwas länger vibriert. Dies schließt die Kopplung laut App ab. Nach einer kurzen Pause vibriert es nochmal kurz. Mein Band hat nach ein paar wenigen Sekunden abermals vibriert und ich vermute, dass dies der Moment war, indem die Kopplung wieder abgerissen ist bzw. gestört war.

Ich habe nun einer Eingebung folgend einen Versuch gestartet (am Tablet, aber letztlich egal an welchem Gerät): Nachdem sich das Band gekoppelt hat, habe ich so schnell wie möglich in das Bandmenü gewechselt und „Banddaten löschen“ betätigt. Bei meinem ersten Versuch bekam ich eine Fehlermeldung (die erste übrigens, die sich allerdings nicht im Netz nachverfolgen lässt) und beim zweiten Versuch war ich schnell genug: Der Befehl wurde ans Band übermittelt und ausgeführt. Danach ist die Kopplung in der App wieder gelöst. Der nächste Versuch der Kopplung am Smartphone war dann erfolgreich.

Zusammenfassung: Band koppeln, schnell sein und Banddaten löschen, Band erneut koppeln, läuft.

Es werden dabei scheinbar auch nur die Verbindungsdaten gelöscht und keine aufgezeichneten Daten. Meine erfassten, aber noch nicht synchronisierten Daten der vergangen 18 Stunden wurden trotz Warmstarts, Kaltstarts, etc. nicht vom Band gelöscht, obwohl sie das spätestens nach dem Hard-Reset, den ich definitiv zweimal gemacht habe (einmal manuell über das Ladekabel, einmal über die App), hätten sein sollen.
Die Smart-Alerts, die ich für mein Band eingestellt hatte, musste ich allerdings neu eingeben. Sie wurden in meinem Profil in der App zwar angezeigt, aber nicht automatisch wieder auf dem Band aktiviert.

Was ich nicht nachvollziehen konnte, war, dass ein manuelles Hard-Reset gem. Jawbone-Anleitung nicht funktioniert hat (dabei muss ein Knopf am Ladekabel betätigt werden).

Ursache

Ich vermute, dass das Band nicht mit dem neuen Endgerät zurecht kam bzw. nicht mehr wusste, an welches Gerät es senden sollte. Letztlich waren zwischenzeitlich zwei Geräte-Kopplungen (das HTC und das Samsung) hinterlegt, ohne jedoch zeitgleich betrieben zu werden. Ich hab bisher nirgends einen Hinweis im Internet gefunden, dass man das Band bei einem Device-Wechsel explizit abkoppeln oder zurücksetzen soll o.ä., aber ich denke hier liegt der Hund begraben.
Ich bin jedenfalls froh, eine Lösung gefunden zu haben, denn ich wollte ungern auf den Tracker verzichten bzw. auf die bereits aufgezeichneten, aber nicht synchronisierten Daten, die mit einem Band-Austausch verloren gegangen wären.

Als Informatiker hat mich das Problem echt gewurmt: Einerseits freut man sich „Juchu ein Problem, das noch keiner hatte und ich darf es lösen.“ Andererseits war es streckenweise echt frustrierend, wenn man selbst mit Hard-Reset nicht zum Ziel kommt.

Ich hab Puls – Hallentraining mit Pulsmessung

Nachdem ich vergangene Woche über einen Ausritt mit Pulsmessung berichtet habe, hier nun die Auswertung eines normalen Trainings in der Halle. Die Trainingseinheit dauerte einschließlich vorherigem Ablongieren ca. 45 Minuten und enthielt Seitengänge in Schritt und Trab auf geraden und gebogenen Linien sowie Galopp auf dem Zirkel, einzelnen Galoppvolten, Schultervor im Galopp und eine Runde Außengalopp auf dem Zirkel. Nevado war bis auf ein oder zwei kleine Zucker sehr entspannt und arbeitswillig, hat die Hilfen sehr gut angenommen und ein gutes Grundtempo angeboten. Aus meiner Sicht war das ein sehr gutes Training ohne Drücken, Ziehen oder Verrenkungen, was ja schon mal passieren kann, wenn man mal nicht die gleiche Sprache spricht.

Herzfrequenz während eines normalen Trainings
Herzfrequenz während eines normalen Trainings

Wie schon beim Ausritt ist gut zu erkennen, dass die Herzfrequenz einigermaßen proportional zur Geschwindigkeit verläuft. Da ich die erste viertel Stunde longiert habe, fehlt hier die Geschwindigkeit im Diagramm. Mein Puls schwankt hier zwischen 100 und 130, was der HF-Zone 1 (Aufwärmen entspricht). Auch in der darauffolgenden Schrittphase beim Reiten ändert sich das nicht. Erst im späteren Verlauf der Trabarbeit (zwischen Minute 25 und 35) steigt auch der Puls auf ca. 145. Sehr deutlich ist der Anstieg auf maximale 160 Schläge im Galopp (ca. Minute 35 bis 45) zu sehen. Bei der abschließenden Schrittphase zum Trockenreiten sinkt der Puls wieder.

Interpretation

Die Pulskurve – auch mit Blick auf den Ausritt – interpretiere ich für mich so, dass mein Puls der Geschwindigkeit vom Pferd folgt. Das hat meiner Meinung nach aber nur bedingt etwas mit der körperlichen Anstrengung zu tun als viel mehr mit den verschiedenen Bewegungsmustern der Gangarten, denen ich mich anpassen muss. Trab und Galopp erfordern andere Bewegungsabläufe bei mir als Schritt und beanspruchen somit auch andere Muskelgruppen. Auch die Atmung wird dadurch beeinflusst, was sich letztlich auf die Herzfrequenz auswirkt. Vermutlich ist die Atmung im Trab und Galopp sogar regelmäßiger, da die Gangarten den Takt anders auf den menschlichen Körper übertragen als der Schritt (weniger Auf- und Abbewegung des Oberkörpers).

Der Anstieg am Ende der Messung ist der Tatsache geschuldet, dass ich Nevado in der Halle hab wälzen lassen, während ich seinen Sattel schon in die Sattelkammer getragen hab.

Ist Reiten nun Sport?

HF-Zonen bei einem Hallentraining
HF-Zonen bei einem Hallentraining

In meinem ersten Blog-Beitrag zu dem Thema sind auf Facebook Stimmen laut geworden, dass beim Reiten, das Pferd arbeiten soll und nicht der Reiter und dass ein Reiter, der schwitzt, etwas falsch gemacht habe. Grundsätzlich stimme ich dem zu, aber ich denke auch, dass eine gewisse Grundfitness unabdingbar ist.
Die Zusammenfassung der HF-Zonen zeigt, dass ich mich weit von der körperlichen Belastung eines Ausdauerlaufs o.ä. entfernt bewege. Dies liegt aber auch daran, dass ich eine gute Basis im Bereich Ausdauer habe. Ohne diese Grundlage würde die Messung höhere Werte ergeben. Bei einer schlechten körperlichen Konstitutionen sind Extrem-Werte im Maximal-Bereich sicher auch denkbar. Auch wenn der Herzschlag, wie ich es vermute, der Gangart folgt (Ursache – Wirkung) muss der Körper auch in der Lage sein, diese Mehrleistung zu verrichten – wenn die Lunge nicht genug Sauerstoff aufnehmen kann oder das Herz nicht genug Blut mit einem Schlag transportieren kann, um den Energiebedarf zu decken, dann erhöht sich automatisch Atem- und Herzfrequenz.

Je nach Ausbildungsstand von Pferd und Reiter wird sich das Verhältnis, wer mehr körperliche Arbeit leisten, mit Sicherheit immer mehr verschieben, bis der Reiter wirklich nur noch mit minimalen Hilfen und somit geringer körperlicher Anstrengung oben sitzt. Der Weg dorthin ist aber lang. Umso trainierter der eigene Körper ist, desto weniger Energie-Aufwand (was letztlich an Atmung und Herzfrequenz erkennbar wird) wird notwendig sein. Das Gleiche gilt für einen Läufer, eine Ballerina oder Schachspieler …

Mein sportliches Motivationsloch und ich …

Was Sport den lieben Sport angeht, befinde ich mich derzeit in einem absoluten Tief. Seit Wochen bin ich nicht dazu gekommen, außer mich aufs Pferd zu setzen, auch nur einen Meter zu Laufen, Schwimmen, Radeln oder sonstwie sportlich zu betätigen. Gut, zwischendurch hat es mich 2 Wochen mit Erkältung außer Gefecht gesetzt, aber selbst wo ich jetzt wieder gesund bin und eigentlich keine Ausrede habe, fällt es mir schwer, etwas zu tun.

Es ist aber auch grad irgendwie komisch: Ich weiß, dass ich etwas Sport treiben sollte, damit die mühsam antrainierte Fitness nicht den Bach runtergeht. Andererseits fühl ich mich grad so pudelwohl in meiner Haut, dass ich keinen Anlass sehe, Sport zu machen, weil zum Beispiel gerade kein Bedürfnis habe, Pfunde zu verlieren oder groß Muskeln aufzubauen. Dann ist da dieses elendige Wetter: Planen kann man schonmal gar nicht, Laufen auf Tartan oder Trimmdichpfad ist bei den Wassermassen – naja – unangenehm, Radeln sowieso und außerdem gefährlich, Schwimmen ginge natürlich, aber da hakt dann so ein psychologischer Effekt (oder so) ein, dass Regenwetter und Schwimmen (Wasser, Sommer, Sonn) sich irgendwie wiedersprechen.

Ich könnte natürlich in den Fitnessraum. Ausdauer (auf dem Stepper oder Fahrrad) kombiniert mit Muskelaufbau an den Geräten scheint ja eh die effektivste Art des Abnehmens und Trainierens zu sein ohne dem Jojo-Effekt zu wiederfallen. Fitnessraum verbinde ich aber mit Herbst und Winter, wenn Outdoor-Sport schon wegen den Temperaturen kaum geht (ich weiß, es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung, aber das ist nunmal so bei mir verankert). Also tu ich mich jetzt im vermeintlichen Sommer schwer, dahin zu gehen.

Und allgemein: Dieses Wetter raubt mir jegliche Motivation mein Büro oder Wohnung zu verlassen. Jetzt hab ich es!
Ich geb dem Wetter die Schuld,

– also der Erderwärmung,
– also dem Klimawandel,
– also den Treibhausgasen und Feinstaub,
– also allgemein der Luftverschmutzung,
– also eigentlich den Luftverschmutzern,
– also ganz speziell den Autofahrern,
– also im Einzelnen doch ich selbst.

Verdammt.