Equidenpass: Schlachtpferd oder Nicht-Schlachtpferd

Was schuldet man dem treuen Blick?

Das ist wohl eine der wichtigsten und weitreichendsten Entscheidungen, die man bei der Beantragung des Equidenpassen zu treffen hat.

Deklariert man das Tier als Schlachtpferd, ist die Medikation eingeschränkt. Ein Nicht-Schlachtpferd kann dagegen mit Medikamenten versorgt werden, die andernfalls nicht zur Verfügung stehen. Diese Regelung ist darin begründet ist, dass Pferde in der EU als Lebenmitteltier gelten und geschlachtete Pferde in der Regel in den Lebensmittelkreislauf gehen. Das heißt nicht, dass Nicht-Schlachtpferde nicht geschlachtet werden dürfen (klingt paradox), sie dürfen anschließend nur nicht als Lebensmittel verwertet werden. Aus diesem Grund dürfen Schlachter Pferde auch nur mit Equidenpass annehmen, zumal darin auch die „zusätzlichen“ Medikamente verzeichnet werden.

Für mich war die Entscheidung bisher immer klar gewesen, weshalb ich sowohl Lady als auch Bonita als Nicht-Schlachtpferd eingetragen hatte. Ich hab überhaupt kein Problem damit, wenn Pferde zur Lebensmittelgewinnung geschlachtet werden. Wenn jemand gern Pferdefleisch ist, dann ist das so. Ich mag es nicht, aber deswegen würde ich nie jemanden verurteilen. Der eine mag halt Sushi, der andere Pferdefleisch, wieder andere mögen kein Hühnchen – Geschmackssache. Mich kann man auch nicht schocken mit solch Sprüchen wie „Dann kommt das Pferd in die Wurst.“ Aber zurück zum Thema.
Dass ich meine bisherigen Pferde als Nicht-Schlachtpferd deklariert habe, liegt einfach an der emotionalen Bindung. Ich habe mit meinen Pferden viel Freud und leider auch Leid durchlebt, weshalb ich mir nicht vorstellen mag, dass eines meiner Pferde auf irgendjemandes Teller oder im Fressnapf von Bello liegt. Also war die Entscheidung bisher immer klar.

Bei Nevado habe ich mich anders entschieden. Nicht weil ich keine Bindung zu meinem Pferd hätte – das wäre eine glatte Lüge – sondern aufgrund einiger interessanter Gespräche, die ich zwischenzeitlich zu dem Thema hatte.

Zum Einen wäre da der finanzielle Aspekt. Das Einschläfern eines Pferde – oder Euthanasie eines Equiden, wie es nüchtern auf der Rechnung steht – kostet ca. 200 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Entsorgung, der Abdecker, die sehr unterschiedlich und abhängig davon sind, ob man in die Seuchenkasse einzahlt oder nicht. Da Pferdehalter in der Regel in die Seuchenkasse einzahlen, von der sie ja auch die Betriebsnummer bekommen (siehe hier), sollten die Abdeckerkosten in der Regel gering sein (ich hab damals 20 Euro oder so gezahlt, da Lady ja in einem Pensionsstall (= Pferdehalter) stand, der selbstverständlich bei der Seuchenkasse registriert ist).
Das Schlachten eines Pferdes bringt dagegen Geld. Je nach Gewicht des Tieres und Qualität des Fleisches zwischen 250 und 400 Euro. Interessanterweise bringen Schimmel laut Auskunft einer Freundin meist weniger Geld, da Schimmel häufig unter Melanomen leiden, die in das Gewebe streuen. Es gibt quasi mehr Verschnitt und weniger verwertbares Fleisch (wenn überhaupt). Ich schweif wieder ab.

Der andere Aspekt, der für meine Entscheidung viel bedeutender war, ist folgender:

Was passiert mit dem eingeschläferten Pferd?

Ein eingeschläfertes Pferd liegt zunächst tot auf der Wiese oder wo auch immer die Spritze gesetzt wurde, bis der Abdecker kommt. Da der Abdecker nicht extra für ein einzelnes Tier kommt, sondern Touren fährt bis – so fies es klingt – der LKW voll ist, kann es schonmal passieren, dass das Pferd einige Tage tot auf der Wiese liegt. Etwaige Verwesungsprozesse, Fliegenbefall, etc. kann sich jeder selbst ausmalen, der Simon Beckett o.ä. gelesen hat.
Ich war damals auch sehr erleichtert, dass der Stallbesitzer das alles organisiert hat, so dass Lady nur wenige Stunden da lag, bis der Abdecker kam. Ursprünglich wollte ich Lady auf ihrem letzten Weg beistehen, was aber aus beruflichen Gründen nicht ging. Spätestens wenn der Abdecker gekommen ist, wäre ich aber vom Hof gewesen. Ich hätte nicht mit ansehen wollen, wie Lady an den Hufen hochgezogen und in den LKW gehoben worden wäre. Schon allein das Entfernen der Hufeisen am Vortag war schon beklemmend genug. Was danach passiert, darüber hatte ich mir bis dahin wenig Gedanken gemacht, aber das war quasi der Fehler.

Das Pferd geht in die Tierkörperverwertung. Kurz zusammengefasst, wird den Tieren das Fell (= Decke, daher Abdecker) abgezogen, anschließend wird das Tier klein gehäckselt. Der Fleischbrei wird entfettet, getrocknet und gemahlen – das sogenannte Tiermehl ist entstanden, welches als Mastfutter weiterverwendet wird oder aber auch in Kohlekraftwerken der Kohle zur Verbrennung beigemischt wird. Das extrahierte Fett wird in der chemischen Industrie verwendet, beispielsweise zur Herstellung von Schmierfetten oder bei Biodiesel.
So nüchtern die Lektüre bei Wikipedia ist, reicht es wohl für ein anschauliches Bild aus.
Wenn ich mir nun die Frage stelle, soll mein Pferd in die Wurst: JA! Lieber sehe ich nun mein Pferd auf irgendjemandes Teller statt als Mehl im Futtertrog oder als Schmierfett. Das hat mehr Würde und das Pferd, mit dem man soviel durchlebt hat, mehr verdient.

Also hab ich diesmal das Kreuz bei „Schlachtpferd“ gesetzt.

Dann kam die FN.

Mein Pferd ist nun doch ein Nicht-Schlachtpferd.

Entscheidung durch die FN geändert.

Vor ca. einer Woche kam endlich der Equidenpass bei mir an und beim Durchblättern fiel mir sofort auf, dass das Kreuz des Tierarztes durchgestrichen und bei „Nicht-Schlachtpferd“ durch die FN gesetzt wurde. Erstmal war ich fuchsteufelswild und wollte die FN am Telefon rund machen (übrigens auch eine Redewendung aus der Reiterei, die ins Negative gerutscht ist – ach ich schweif heut dauernd ab). Ein Beiblatt zum Equidenpass klärte aber die Situation auf, womit ich zwar nicht zufrieden bin, mein Frust sicher nicht eingedämmt ist, aber die FN einen erbosten Anrufer weniger hatte.
Schuld sind wieder die EU-Richtlinien und die FAQ des bayrischen Zuchtverbandes fasst es recht gut zusammen (zwar gemünzt auf den Zuchtverband, aber analog gültig für die FN und alle anderen Zuchtverbände):

Alle Equiden für die nicht bis zum 31.12. ihres Geburtsjahres oder spätestens ein halbes Jahr nach ihrer Geburt, je nachdem, welche Frist später abläuft, der Equidenpass beantragt wurde, sind nach der neuen Viehverkehrsordnung ausnahmslos als „Nichtschlachtpferde“ zu kennzeichnen. Diese Equiden erhalten entweder einen grünen Ersatzpass (Freizeittiere) oder einen roten Duplikatpass (Zuchttiere mit Abstammungsnachweis), in denen bereits der Status „Nichtschlachtpferd“ im Arzneimittelanhang vom Landesverband Bayerischer Pferdezüchter e.V. dokumentiert wurde.
(Seit 1. Juli 2009 geltende Rechtslage, VO Nr. 504/2008)

Und da Nevado mit 3 Jahren und 8 Monaten so oder so außerhalb der Frist liegt, ist er notgedrungen ein „Nicht-Schlachtpferd“.

Dennoch bin ich froh, mir diese Gedanken gemacht und Gespräche dazu geführt zu haben, denn mein Blickwinkel hat sich dadurch wesentlich geändert.

Exkurs: Jemanden rund machen.

Ein Pferd rund reiten heißt, dass es durchlässig ist und somit an den Hilfen steht. Es macht also möglichst genau das, was der Reiter ihm signalisiert. Die Aufforderung, das Pferd rund zu reiten, heißt also, es durchlässig zu machen, was grundsätzliches nichts Negatives ist. Die Art und Weise ein Pferd rund zu reiten macht es positiv (mühsame Arbeit) oder negativ (bsp. Rollkur).
Und wenn man jemanden rund macht, heißt es eben nix anderes – nur das negativ gemeint ist.

Equidenpass: Die hoffentlich letzte Wehe

Ich hatte ja zuletzt am 12. April von meiner Odyssee mit dem Equidenpass erzählt, dass nämlich die Registriernummer des Tierarztes unvollständig war. Der Tierarzt war damals auch gekommen und stellte fest, dass seine notierte Nummer genau diejenige war, die er in den Antrag geschrieben hatte – es war also kein Übertragungsfehler.
Er wollte dann nochmal in der Klinik fragen, wo der Haken sein könnte, die Antwortmail verschwand aber im Daten-Nirvana (was mir komischerweise mit meine Google-Mail-Adresse verdächtig häufig unterkommt). Da ich zudem zwischenzeitlich beschlossen hatte, Bonita schweren Herzens wieder an den Vorbesitzer abzugeben, habe ich das mit dem Equidenpass nicht mehr so forciert.

Gestern nun war mein Tierarzt zur Ankaufsuntersuchung für Nevado da, der übrigens ein Halbbruder von Bonita ist, und wir haben neue Email-Adressen ausgetauscht wg. der Registriernummer. Soeben bekam ich seine Mail samt nun vollständiger Nummer und siehe da: es ist dasselbe Schema, wie bei der Halternummer. Die ersten 8 Ziffern stellen den amtlichen Gemeindeschlüssel dar und die letzten 4 Ziffern eine laufende Nummer. Der Gemeindeschlüssel bezieht sich dabei auf die politische Gemeinde, in der die Praxis/Klinik des Tierarztes zugelassen/angemeldet ist – in meinem Fall die Tierklinik Brems in Zorneding (bei München). Ob die laufende Nummer für Betriebe oder einzelne Tierärzte oder was ganz anderes zählt, vermag ich nicht zu sagen, aber wenn man diese 4 Ziffern hat ist der Rest, wie bei der Halternummer, einfach bei Wikipedia nachzuschlagen.

Damit kann ich nun den Equidenpass für Bonita beantragen, welcher dann direkt an ihren alten/neuen Besitzer geht, und ich darf das Spiel für Nevado neu beginnen.

Nevado ist nämlich tadellos durch die Ankaufsuntersuchung gekommen und hat zudem mit seinem sauberen Charakter überzeugt. Damit darf ich mich nun Hengst-Besitzer nennen *g*

Equidenpass: Die Sache mit der Betriebsnummer

Als ich zuletzt über die Beantragung des Equidenpasses geschrieben habe, habe ich ja erwähnt, dass man als Pferdebesitzer nicht zwangsläufig Pferdehalter ist. Das ist in der Regel der Betreiber des Pensionstalls und der hat als Landwirtschaftsbetrieb eine Betriebsnummer, welche u.a. als „Kundennummer“ bei der Seuchenkasse fungiert. Diese Betriebsnummer muss zwingend im Bestellformular für den Transponder eingetragen werden, den man benötigt, um einen Equidenpass zu bekommen.

Hier soll sie rein die 15-stellige Betriebsnummer

 

So. Nun bin ich also zum Stallbesitzer, in dessen Stall meine Bonita steht, gegangen und hab nach dieser Nummer gefragt. Der hat mich ziemlich ungläubig angeschaut, da ich im Stall anscheinend die erste bin, die nach diesen Vorgaben einen Equidenpass beantragt. Nach einer kurzen Erklärung der Bürokratie war die Betriebsnummer recht schnell gefunden und eingetragen.
Was mich jedoch wunderte, war, dass die Betriebnummer zwei Felder zu kurz war – sie war nur 10-stellig.

Nach einiger Recherche bin ich schließlich auf einen Informationsvortrag der bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) aufmerksam geworden, in dem es sogar direkt um die Identifizierung von Equiden geht. Dort wurde zum einen der Aufbau der Transpondernummer erklärt, aber auch der Aufbau der Betriebsnummer.

Die Betriebsnummer ist eigentlich 15-stellig, wobei die ersten drei Stellen die Nationalität gem. ISO darstellen und meist weggelassen werden. Diese drei Stellen – 2 7 6 – sind ja auch bereits im Bestellformular vorgegeben. Die folgenden zwei Stellen kennzeichnen das Bundesland, in dem der Betrieb ansässig ist. Für Bayern sind das die Ziffern 0 9 und genau das waren die Ziffern, die in „meiner“ Betriebsnummer fehlten. Da die Zuweisung von Betriebsnummern Ländersache ist, ist es aber auch logisch, dass diese ersten zwei Ziffern nicht angegeben werden, da die Betriebsnummer über die Bundeslandgrenze hinaus ja kaum gebraucht wird.

Aufschlüsselung der Betriebsnummer

 

Die folgenden sechs Stellen geben den Landkreis und die Gemeinde des Betriebs an und die letzten 4 Stellen sind wie eine laufende Nummer, die den Betrieb sozusagen in der Gemeinde identifiziert.
Diese 8 Stellen, die Bundesland, Landkreis und Gemeinde widerspiegeln, sind übrigens genau der amtliche Gemeindeschlüssel, den man online beim statistischen Bundesamt oder auch einfach bei Wikipedia für seine Gemeinde finden kann.

Wem die Halter-/Betriebsnummer also zu kurz vorkommt, kann anhand des amtlichen Gemeindeschlüssels die fehlenden Ziffern rausbekommen, denn eigentlich sind nur die letzten 4 Stellen betriebsspezifisch. Die ersten 11 Stellen kann man demnach selbst ermitteln, sofern man weiß, welcher politisch selbstständigen Gemeinde der Pensionsstall zugehört.

Ich vermute, dass in der Regel wie in meinem Fall die Bundeslandkennung fehlen wird. Vielleicht könnte man in FAQ der FN zum Equidenpass auch eine ausführlichere Erklärung zur Halter-/Betriebsnummer einstellen, als der wenig hilfreiche Link auf ein PDF mit Kontaktadressen der Bundesländer. Die Halter-/Betriebsnummer scheint mir nämlich bei der Beantragung des Equidenpasses für die meisten Leute die größten Schwierigkeiten zu bereiten.