Was schenk ich bloß …

Zur Hochzeit: Krieg und Frieden

Ein sehr guter Freund heiratet morgen. Ich stellte mir früh die Frage, was ich schenke, um es dann auf den letzten Drücker umzusetzen. Natürlich hab ich erstmal das Paar gefragt, was es sich wünscht und natürlich lief die Antwort auf nichts materielles hinaus. Aber das ist auch selbstverständlich, wie ich denke. Immerhin sind wir in einer Zeit angelangt, in der man meist schon eine Weile zusammenlebt bzw. schon auf eigenen Füßen in der eigenen Wohnung steht. An Aussteuer besteht also in der Regel kein Bedarf. Eigentlich auch irgendwie schade – man kann seinen Enkeln nicht das Porzellan zeigen, dass man zur Hochzeit geschenkt bekam. Aber gut …
Eine kurze Kontaktaufnahme mit den Zeremonienmeistern des Paares verdichtete dann das Bild:

Geldgeschenk

Die Frage war nun: Wie? Ich meine, eine hübsche Karte mit nem farbigen Schein darin ist ja schon ziemlich lahm und unpersönlich. In irgendeinem Hobby-Laden hab ich vor ein paar Jahren mal aus Geldscheinen gefaltete Geldgeschenke gesehen – allerdings musste ich recht schnell feststellen, dass ein Kollege schon dieselbe Idee hatte. Dann hab ich Google bemüht und fand: Geschredderte Banknoten im Jutesack – früher mal 150’000 Euro wert, heute 24,99 Euro zzgl. Versandkosten – fand ich auch nicht wirklich berauschend.
Ein Kollege brachte mich dann auf die Idee, eine Schatzkiste mit Gold zu füllen. Und die Idee gefiel mir ziemlich gut, weil man da auch kreativ sein kann, in der Gestaltung der Truhe beispielsweise oder dabei, dem Geschenk eine Bedeutung zu geben.

Inflationssicher: Hartgeld statt Scheine

Also bin ich zum nächsten Geschenk-Laden und hab nach so einer Truhe Ausschau gehalten. Die Truhen, die ich fand, waren allerdings entweder zu klein oder zu groß oder nicht wirklich hübsch. Mir fiel dann allerdings eine Kiste auf, die wie ein alter, dicker, in Leder gebundener Foliant gestaltet war. Der Aufdruck war zwar etwas schief, aber „Krieg und Frieden“ als Titel fand ich neckisch – hat eine nette Ironie – und am Aufdruck kann man ja noch pinseln. Dass Tolstois Werk thematisch weniger passt, übergeh ich einfach mal.

Nachster Schritt war das Gold: Papiergeld in harte Währung umtauschen und weil 50-Cent-Stücke in der Kiste ziemlich verloren aussahen, hab ich mal eben 10-Cent-Stücke (oder wie wa früher jesacht hab’n: Groschen) genommen und davon reichlich. Die Bank hat die Münzrollen sogar in einen kostenlosen, A5-großen Stoffbeutel getan, den ich jetzt wohl für mein Make-Up-Arsenal zweckentfremden werden. Und da will einer behaupten den Banken gehe schlecht.
In den Folianten hab ich dann noch einen purpurnen Organzastoff gelegt und dann Münzrolle für Münzrolle ausgepackt.

Ganz viele Notgroschen für das frisch vermählte Paar …

… in guten wie in schlechten Zeiten.

Zu guter Letzt hab ich mit goldenen und silbernen Edding an den „Einband“ gewagt und den etwas schiefen und ungleichmäßigen Aufdruck aufgepeppt. Die Serifen hab ich etwas verlängert und anschließend das Oval nachgezogen. Dort wo der Aufdruck fleckig war, habe ich Ornamente gesetzt. Der Text war nicht mittig im Oval, weshalb ich einen Teil des Ornaments, welches den Einband dominiert, in das Oval kopiert habe. Zum Schluss habe ich an einigen Stellen noch das Relief nachgezogen und fertig ist der Einband.

Neuer Glanz

Jetzt hab ich nur noch das Problem, die Hochzeitskarte zu betexten. So viel und gern ich auch schreibe, in Sachen Glückwünschen bin ich miserabel. Ich bewundere Menschen, die so eloquent gratulieren können, ich kann es einfach nicht. Ich werd mir jetzt also noch über die Karte beugen und hoffentlich noch was Sinnvolles zu Papier bringen bevor es ins Bettchen geht.
Morgen geht es dann früh raus, denn die Trauung ist um 10 Uhr. Aber zum Glück hab ich es heute noch gemerkt, dass ich bisher nach dem falschen Ort geschaut hatte: Damit verkürzt sich die Fahrzeit gleich mal um 2 Stunden.

Da ich morgen übrigens als Strohwitwe unterwegs bin, werde ich mich ganz besonders um den Brautstrauß bemühen, um ihn meinem Schatz unauffällig und ohne Hintergedanken unter die Nase zu halten.