Da will man das Jahr ganz gemütlich und ohne viel Stress ausklingen lassen und erlebt fast den Schock fürs Leben.
Eigentlich wäre mein Plan auch gut gelungen, hätte mir Pille nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vorneweg: Alles ist gut.
Wie jedes Silvester seit einigen Jahren ballere ich nicht mit, sondern hüte die Katzen und fotografiere lieber, was alle anderen so in die Luft schießen. Da ich vor Kurzem umgezogen bin, hab ich gegen 22 Uhr beschlossen ein Testfoto aus dem Dachfenster zu machen, damit beim Feuerwerk alles passt.
Kaum war das Fenster offen, nutze Pille die Gelegenheit, frische Luft zu schnuppern und dann passierte es: Er hat den Halt auf dem gefrorenen Dach verloren und kam ins Rutschen. Ich hörte nur noch Krallen auf den Ziegeln und sah, war Pille in Schwung kam. Da ein Poltern an der Regenrinne und Pille war weg … Vom Dach gefallen. 2 Etagen.
Ich barfuß in Hauslatschen und nur mit Jogginghose und T-Shirt bekleidet raus, Treppe runter und zum vermuteten Landeplatz. Keine Katze.
Erster Gedanke: er hat es überlebt und ist nicht schwer verletzt. Somit ist er vermutlich im gefrorenen Rasen und nicht auf dem steinigen Kellerabgang geladnet. Aber weit und breit nichts zu finden. Meine Nachbarin hat mitbekommen, wie ich losgestürzt bin und kam mir sogleich mit Taschenlampe zur Hilfe, Pille zu suchen.
Eine halbe Stunde lang haben wir gesucht und ich war schier verzweifelt nicht zuletzt, weil die Ballerei schon langsam losging und ich befürchtete, Pille könnte sich aus Angst sonstwo verkriechen, wo wir ihn nicht finden. Direkt am Haus ist eine Straße und unweit des Grundstücks verlaufen die Bahngleise. Auf Leckerli-Rascheln und meine Ruferei kam keine Reaktion. Keine reflektierenden Augen im Licht der Taschenlampe. Aufgeben war keine Option, aber wie viel Sinn macht es im Dunkeln in der Silvesternacht eine womöglich verletzte Katze im Wohngebiet zu suchen?
Bevor ich diese Frage mir beantworten musste, kam die Erleichterung. Pille saß zusammengekauert ganz in der Nähe seiner Absturzstelle. Er ließ sich problemlos einsammeln und der erste Eindruck: unverletzt aber unter Schock. Schnell in die sichere Wohnung. Da hat er sich erstmal zurückgezogen, aber der erste Eindruck bestätigte sich: Er ist unverletzt. Noch ist er etwas zurückhaltend und bewegt sich sehr vorsichtig. Ich vermute, er hat leichte Prellungen und Stauchungen von der Landung, aber er reagiert nirgends am Körpern (Knochen, Gelenke, Bauch) mit Schmerz – er ist einfach nur geschafft und liegt gerade vor mir, halb auf der Tastatur.
So einen Start ins neue Jahr haben wir uns beide nicht vorgestellt.
Die anderen StarTrekKater nehmen es gelassen: Spocky hat sich um mein Nervenkostüm gekümmert und bei mir gekuschelt, Scotty hat sich um Pille gekümmert und den großen Bruder gespielt. Für die Fotos vom Feuerwerk hab ich die StarTrekKater dann sicherheitshalber im Schlafzimmer eingesperrt, obwohl sie sich für gewöhnlich auch so dorthin zurückgezogen hätten.
Und bei Frost und Rauhreif werden keine Dachfenster mehr geöffnet. Es war mir eine Lehre.
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