Jetzt hat mich wohl endgültig das Strickfieber gepackt. Schon seit einiger Zeit – Jahre? – ärgere ich mich darüber, das mein alter Strickmantel (irgendwann mal bei H&M oder so gekauft) sich langsam in Luft auflöst. Die Nähte im Nacken halten die Maschen nicht mehr zusammen, so dass dort der großen Maschen-Wettlauf begonnen hat. Der Mantel hat sein besten Zeiten hinter sich und taugt maximal noch für den Hausgebrauch.
Bevor ich nun anfange, die Masche aufzufangen, habe ich beschlossen, dass ein neuer Mantel her muss mit ein bisschen mehr Farbe als maus-grau. Selbst stricken lag irgendwie nah, insbesondere, da ich mich in Schnitt und Farbe nicht nach den Mode-Vorstellungen der Industrie richten muss und es preislich kaum einen Unterschied macht. Vom reinen Materialpreis ist mein selbstgemachter Mantel wahrscheinlich sogar günstiger als ein vergleichbares Modell im Handel.
Als Grundmodell habe ich dank Denise‘ umfangreicher Strickhefte-Sammlung schnell etwas passendes gefunden: ein bodenlanger Mantel von Austermann. Abweichend davon habe ich mich für eine Mischwolle von Rico Design entschieden. Die Rico Creative Melang Chunky aus 53% Schurwolle und 47% Polyacryl strickt sich sehr angenehm und hat eine durchgehend konstante Stärke. Es wird eine Nadelstärke von 6-7 empfohlen, wobei ich mich für 6 entschieden habe. Die Farbwahl war dann schon etwas komplizierter. Letztlich und trotz der Sorge, es könnte zu kalt wirken, habe ich mich für die Farbe 34 „türkis/zimt“ entschieden, die sich in keiner Weise als zu kühl herausgestellt hat, wie man auf dem Foto sieht. Da die Strickvorschrift eine Wolle, die mit Stärke 4 zu sricken war, vorgibt, musste ich mit Maschenprobe die angegebenen Maschenzahlen umrechnen und das Muster leicht anpassen. Das ganze war aber leichter als befürchtet. Zum Maschen anschlagen und zählen habe ich mit einem simplen Umrechnungsfaktor von 0,7 gerechnet und statt Reihen zu zählen, hab ich das Maßband angelegt. Alles kein Hexenwerk also.
Zusätzlich zu den notwendigen Anpassungen konnte ich mir ein paar Abwandlungen nicht verkneifen. Zum Einen wollte ich keine Knopfleiste, da ich diese Art von Mantel meist eh offen trage und eine Knopfleiste mir zu akkurat war. Zum Anderen wollte ich einen Schalkragen, bei dem Frontblende und Kragen also in einem Stück gestrickt sind und nahtlos ineinander übergehen. Für die Art von Schalkragen, die mir vorschwebte, habe ich glücklicherweise eine gute Anleitung bei Tichiro gefunden, die sich wunderbar anwenden ließ, wenngleich bei der Länge meines Mantels von über einem Meter, der Platz auf der Rundstricknadel mit einem 120cm Seil sehr knapp wurde – immerhin müssen beide Frontblenden und der mit verkürzten Reihen wachsende Kragen auf das Seil passen (ca. 250cm).
Die Knopflöcher habe ich in der Frontblende wie gesagt weggelassen und stattdessen zwei Knebelköpfe auf Brusthöhe eingesetzt. Da der Rest des Mantels nun also immer offen ist, baumelten die Frontteile auf den unteren 30cm aufgrund der nach Strickvorschift vorgesehenen Gehschlitze recht verloren herum. Daher hab ich kurzerhand beschlossen, die Schlitze zu schließen, indem ich die Blenden auf Stoß dekorativ zusammengenäht habe.
Das Gesamtbild ist für mich sehr stimmig. Der Mantel ist auch aufgrund seines Eigengewichts sehr lang und reicht mir bis unterhalb der Knie. Beim Treppensteigen muss ich ab und an aufpassen, mir nicht selbst auf die „Schleppe“ zu treten. Von der Passform her hätte ich im Nachhinein betrachtet ruhig ein paar Maschen mehr anschlagen können, da der Mantel sich aufgrund des Musters etwas zusammen zieht. Aber das sind Erfahrungswerte und in der Summe passt der Mantel.
Das wichtigste ist, er hält trotz den großen Maschen (= Lücken) angenehm warm. Auch bei 10°C Außentemperatur kann ich mich problemlos kurze Zeit draußen aufhalten ohne zu erfrieren.
Material: 14 Knäuel à 50g Rico Creative Melange Chunky (13 Knäuel bei normalem Kragen), 2 Knebelknöpfe aus Holz
Nadel: Stärke 6 (Spitzen mit 80-120cm Vario-Seil, 1 Nadel vom Nadelspiel für die Zöpfe – ich nehm sehr gerne die Design-Holznadeln von Lana Grossa)
Zeitaufwand: ca. 25 Stunden
Kosten: ca. 65 Euro (zzgl. Nadeln)