Exterieur: Aus dem Hengst-Baby wird ein Pferd

Ich hab in den letzten 6 Monaten immer mal wieder Exterieur-Aufnahmen von Nevado gemacht. Die Aufnahmen sind sicher nicht ideal, aber ich denke man kann schon deutlich eine Entwicklung sehen.

Nevado im Mai 2011

Mai 2011

Nevado war damals noch komplett roh und hatte so gut wie gar keine Muskulatur. Gerade die Oberlinie gab noch gar nichts her, das lange hätte tragen können. Man sieht m.E. aber schon schön, dass Nevado von Natur aus eine aktive Hinterhand und schon gute Hankenbiegung hat.


Nevado im Juni 2011

Juni 2011

Zu dem Zeitpunkt war Nevado ca. seit einem Monat im Training. Noch ist er rundum recht dünn bemuskelt. Flanken und Hinterhand sind schmal, die Rippen noch leicht zu sehen (auf dem Bild steht er aber auch leicht nach hinten gebogen).


Nevado im Juli 2011

Juli 2011

Diese Aufnahme habe ich kurz nach dem Stallwechsel gemacht, als Nevado ca. zwei Montae im Training war. Er hat schon deutlich an Muskulatur vor allem an der Hinterhand zugelegt. Auch die Bauchmuskulatur hat schon sichtbar zugenommen.
Danach ist Nevado nochmal eingefallen, da der Stallwechsel viel Stress für ihn war. Mitte August hatte er das Gröbste hinter sich und hat dann wieder kräftig zugelegt.


Nevado im September 2011

September 2011

Nevado hat sich mittlerweile sehr gut eingelebt und hat weiter an Masse zugelegt. Man kann m.E. hier schon erkennen, dass er etwas an Unterhalsmuskulatur zugelegt hat im Vergleich zum Bild vom Juni 2011. Dies könnte daran liegen, dass er sich aufgrund Zahnwechsel und ein paar Rückenproblemen (s. November) öfter festmacht und verwirft. Er drückt aber nicht dauerhaft den Rücken weg oder läuft permanent über dem Zügel. Verschlechtern darf sich das aber natürlich nicht.


Nevado im Oktober 2011

Oktober 2011

Dieses Bild ist kurz vor der Kastration aufgenommen. Nevado hat mittlerweile schöne Rundungen bekommen und wirkt wesentlich mächtiger. Gerade die Oberlinie und Bauchmuskulatur haben sich schon schön entwickelt, so dass er mittlerweile mehrmals die Woche für 30-60 Minuten geritten werden kann.


Nevado im November 2011

November 2011

Nach der Kastration hat Nevado nochmal leicht abgebaut, aber sofort wieder zugelegt. Er hat an der Hinterhand leicht an Höhe gewonnen, so dass er ganz leicht überbaut ist. Dies bereitet ihm u.a. etwas Probleme sich zu sortieren. Außerdem hat eine Physiotherapeutin einige Problemfelder festgestellt: So ist beispielsweise seine Hüfte einseitig leicht abgesenkt und nach hinten versetzt, so dass es ihm äußerst schwer fällt, in den Rechtsgalopp zu springen.
Aus dem Grund machen wir derzeit auch nur Basis-Übungen, ohne, wie schon mal angefangen, an Übergängen oder Seitengängen zu üben.


Aufteilung und Winkel

Außerdem hab ich mal probiert seine Körperaufteilung und Winkelungen zu veranschaulichen. Eine fundierte Bewertung fällt mir mangels Erfahrung natürlich nicht so leicht.

Körperaufteilung und WinkelungenKörperaufteilung und Winkelungen
Nevado ist eher quadratisch gebaut, wobei seine Beine aber noch etwas höher sind als sein Rumpf. Vor-, Mittel- und Hinterhand sind nicht gleichmäßig verteilt. Insgesamt ist Nevado sehr kurz, was sich auch kaum noch ändern wird. Dadurch ist er sehr wendig, manchmal zu wendig. Der kurze Rücken macht leider auch die Suche nach einem geeigneten Sattel schwierig. Sein derzeitiger Sattel schließt gerade noch so mit dem letzten Rippenbogen ab, müsste aber eigentlich nochmal 4-5 cm kürzer sein.
Nevado hat eine etwas steile Schulter, wogegen seine Hinterhand fest ideal gewinkelt ist. Insgesamt sind die Winkel m.E. aber sehr gut und passen zueinander. Das spürt man sehr gut unterm Sattel. Trotzdem er nur 152cm groß ist und einen kurzen Rücken hat, hat er einen guten Raumgriff und schwungvolle Gänge – keine Nähmaschinengänge, wie man befürchten könnte.
Seinen Hals finde ich sehr schön angesetzt, mit einem schönen Schwung und guter Bemuskelung. Zwar hat sich derzeit ein leichter Unterhals gebildet, aber ich denke, dass ist seinem Zahnwechsel sowie seinen Rückenproblemen vielleicht auch seinem langem Hengstdasein geschuldet. Da sich Nevado aber nachwievor sehr gut am Kappzaum dehnt und auch gut Vorwärts-Abwärts unterm Sattel läuft, sehe ich dies noch nicht so problematisch.
Was man auf dem linken Bild recht gut sehen kann, ist, dass Nevado eine sehr gute Ganaschenfreiheit hat, was ihm später eine sehr gute Aufrichtung erlauben wird. Zusammen mit seiner gut gewinkelten und aktiven Hinterhand hat er, denke ich, gute Voraussetzungen für höhere Lektionen der Reitkunst.

Nevado mag vielleicht nicht ideal proportioniert sein, aber vom Gesamtbild her empfinde ich ihn als sehr harmonisch, was sich unterm Sattel auch immer wieder spüren lässt. Nevado wird im Februar 4 Jahre alt und hat damit noch 4 Jahre um zu wachsen und sich zu entwickeln. Ich denke, dass er nachwievor ein sportlicher Typ bleibt, aber ich bin mir auch sicher, dass er noch viel an Masse, vielleicht auch ein paar Zentimeter Körpergröße, zulegen wird.
Jetzt werden wir erstmal mit weiteren Physiotherapie-Einheiten seine Problemchen angehen und weiter an der Basis arbeiten.

Immerhin haben wir alle Zeit der Welt!

Idee gut, Ausführung schlecht – Control-Halfter von Eskadron

Was ich im Umgang mit einem Hengst sehr schnell gelernt habe, ist, dass er nie merken darf, dass er der stärkere ist. Man muss sich unermüdlich als Herdenchef beweisen und darf sich keine Fehler erlauben. Das sind natürlich Dinge, die generell im Umgang mit Pferden gelten. Im Umgang mit Hengsten sind sie aber noch wichtiger, weil ein Fehler verheerende Folgen haben kann. Merkt der Hengst, dass der Mensch schwächer ist, wird er einem stets auf der Nase herumtanzen. Sollte man dann die Kontrolle über einen Hengst verlieren und er geht stiften, kann das auch teuer werden, denn der Hengst wird „seine“ Herde suchen, Rivalen versuchen unterzujochen und Stuten zu decken. So etwas kann auch tötlich ausgehen, wenn beispielsweise andere Hengste oder hengstige Wallache ins Spiel kommen, ganz zu schweigen davon, wenn dem Hengst Menschen im Weg sind.

Aus diesem Grund gehörte sehr früh ein stabiles Lederhalfter und eine Führkette zu meiner Ausrüstung. Gerade zu Anfang mussten Miriam und ich die Führkette häufig einsetzen. Zwar lässt Nevado sich mittlerweile sehr gut und entspannt auch an anderen Pferden vorbei führen, da aber der Teufel ein Eichhörnchen ist, werde ich auf die Kette nie verzichten!
Nun ist das Anbringen und Lösen der Führkette immer eine kleine Fummelei, da man sie zumindest einmal um den Nasenriemen des Halfters wickeln und durch die Beschläge führen muss. Das ist zeitaufwendig und gerade, wenn das Pferd unruhig ist, auch eine kritische Angelegenheit, in der man sich nicht auf die Kontrolle des Pferdes konzentrieren kann. In solch einer Situationen kann man sich auch leicht selbst verletzten, wenn der Hengst beispielsweise einen Satz nach vorn macht und die eigenen Finger zwischen Kette und Halfter klemmen.

 

Als Miriam und ich das Control-Halfter von Eskadron entdeckten, schien uns das die perfekte Lösung. Die Führkette ist bereits in das Halfter eingearbeitet und man braucht nur noch einen normalen Führstrick anzubringen. Je nachdem welche Einwirkungsmöglichkeit man benötigt, wird der Strick in die Kette oder nur das Halfter eingehängt. Die Idee ist super und man spart sich das lästige Einfädeln der Kette. Also hab ich das Halfter gekauft und gleich am nächten Tag eingesetzt.

Leider hat das Halfter bzw. die Kette diesen ersten Einsatz nicht überlebt. Es kam, wie es kommen musste: Nevado war ziemlich überdreht beim Herabführen von der Koppel und ich wollte ihn mit einem Ruck an der Kette zur Raison bringen. Der Ruck – kein leichter, aber auch kein schwerer – verhallte im Nichts, da ich auf einmal die gerissene Kette in der Hand hatte, die sich zum Glück in den Beschlägen des Halfters verfangen hatte. Andernfalls wäre Nevado frei gewesen und ein Szenario wie oben beschrieben spielte sich schon vor meinem inneren Auge ab. Glück im Unglück also.

Was war passiert? Ich hab den Schaden gleich analysiert und zu meiner Überraschung war kein Kettenglied gerissen, sondern einer der Ringe am Ende der Kette. Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass diese Ringe sogar dazu konzipiert sind, bei Last aufzuspringen (siehe Foto). Ich denke so ein Ring mag sinnvoll sein, wenn man ein unruhiges Pferd anbindet, damit es sich in Panik befreien kann, bevor es sich am Halfter das Genick bricht (alles schon passiert – zum Glück noch nicht live erlebt).
Für eine Führkette halte ich diese Ringe deplatziert, da meiner Ansicht nach so eine Kette immer halten muss. Es besteht ja auch nicht die Gefahr eines Genickbruchs oder ähnlichem, da man ein Pferd ja nicht an der Kette anbindet!

Ich habe das Halfter umgehend reklamiert. Leider läuft die Reklamation auf Material-Schaden. Im Geschäft wollte man sich meiner Ansicht (Konstruktionsfehler) nicht anschließen, da die Verkäuferin mit dem Halfter bei ihrem ungestümen Hengst eben diese Erfahrung noch nicht gemacht hat. Darüber, dass das Reißen der Kette nicht passieren darf, waren wir uns aber einig.

Ich werde jetzt wieder mühsam die Führkette ins Halfter fummeln, denn das Risiko, dass mir das mit dem Control-Halfter (in dieser Ausführung) nochmal passiert und dann womöglich andere Menschen oder Pferde verletzt werden, ist mir zu hoch.

Ich möchte aber nochmal betonen, dass ich die Idee von Eskadron zu diesem Halfter wirklich Klasse finde. Sie erleichtert einen Arbeitsschritt im Umgang mit schwierigen Pferden und macht somit deren Handhabung sicherer – die Idee wohlgemerkt.
Die Ausführung muss verbessert werden – speziell auf die Ringe bezogen, denn die Qualität der restlichen Komponenten ist gewohnt hervorrangend.

Arktisch kaltes Wasser

Das ging dann doch schneller erwartet, aber ich habe ein potenziell neues Pferd im Blick: der dreijährige Andalusier-Hengst Nevado.

Wenn meine dominante und gerademal angerittene Bonita mit 7 Jahren ein Sprung ins kalte Wasser war, dann ist Nevado arktisch kaltes Wasser, in das ich mich begebe. Zwar bin ich schon ein- zweimal einen Hengst geritten, aber einen jungen Hengst zu besitzen, wäre dann doch was anderes. Aus diesem Grund trifft es sich ganz gut, dass Nevado gerade bei meiner guten Freundin Miriam in die Schule geht, um bei ihr frühzeitig das Leben als Reitpferd kennen zu lernen. Das gibt auch mir die Gelegenheit mich mit ihm vertraut zu machen, und zu prüfen, ob ich dieser Aufgabe gewachsen bin. Denn wenn nicht, werden Pferd und ich nicht glücklich miteinander, und das möchte ich uns beiden nicht antun.

Anfang dieser Woche kam Nevado zu Miriam in den Stall und war dort noch recht ungestüm. Böse Zungen behaupten er wäre unerzogen, aber das stimmt so nicht. Nevado kennt den Umgang mit Menschen, lässt sich problemlos putzen und gibt brav die Hufe. Er ist probiert zwar, ist aber sonst nicht hinterlistig und akzeptiert die Grenzen, die ihm gesetzt werden. Bis vor einem halben Jahr ist er bei seinem derzeitigen Besitzer auch als Handpferd auf längere Ausritte mitgegangen, wobei das führende Pferd auch ein Hengst war. Allerdings ist er jetzt in ein Alter gekommen, in dem er beginnt, sein Revier abzustecken und so wurden die Ausritte mit ihm schwieriger und somit auch gefährlich.
Schwierig ist derzeit noch das Führen. Er präsentiert sich gern und baut sich majestetisch auf, wenn er nur in der Nähe anderer Pferde ist. Das Gute aber ist, dass er dennoch auf die führende Person reagiert und sich schnell wieder beruhigt und die „Führproblematik“ ist von Tag zu Tag besser geworden. Mittlerweile führe ich Nevado auch schon von A nach B, was davor nur Miriam gemacht hat, da sie weitaus mehr Erfahrung mit jungen Hengsten und auch wesentlich mehr Kraft hat als ich.

Obwohl für Nevado gerade alles neu ist, war der Start doch recht gut. Bereits die ersten Longenstunde war sehr gut gelaufen. Die nächsten Schritte (Longiergurt, Sattel auflegen, klappernde Steigbügel, …) liefen den Umständen entsprechend gut. Nevado hat am Anfang noch den Aufstand geprobt und lustige Hüpfer gemacht, aber er hat sehr schnell verstanden, dass wir nichts böses von ihm wollen. Und da er jeden Tag besser wurde, haben wir bereits sehr früh den ersten Versuch gewagt, Gewicht zu tragen. Ohne einen einzigen Hüpfer hat Nevado das Gewicht von Miriam getragen – nach nur 5 Tagen Arbeit. Wir waren beide so begeistert von ihm.

Natürlich geht das alles sehr schnell. Da Nevado erst drei Jahre jung ist und Andalusier sehr spät auswachsen, dürfen wir es mit ihm nicht übertreiben. Aus dem Grund heißt es jetzt, wo der kritischste Punkt geschafft ist, dass wir mit ihm Bodenarbeit machen und maximal 2-3 Mal in der Woche soll er für kurze Zeit das Reitergewicht tragen.
Nevado ist schon relativ gut ausbalanciert und kann sich an der Longe auch schon gut selbst tragen. Da das Reitergewicht aber seinen Schwerpunkt verschiebt, soll er mit der Bodenarbeit lernen, weiter unter seinen eigenen Schwerpunkt zu treten, um es dann unter dem Reiter leichter zu haben. Gleichzeitig lernt er mit der Bodenarbeit Biegung und Stellung und die ersten Hilfen. Sollte ich Nevado kaufen, wird das in den nächsten 1-2 Jahren auch der Schwerpunkt unserer Arbeit sein, bis er ausgewachsen und die Wachstumsfugen geschlossen sind.
Angefangen damit, haben wir heute und es lief sehr gut. Nevado ist am Ende der Übungseinheit nicht mehr von meiner Seite gewichen, hat dabei aber den gebührenden Abstand gehalten und ist mir auch respektvoll rückwärts ausgewichen.

Momentan hab ich ein gutes Gefühl mit ihm.

Die Arbeit mit Nevado versuche ich übrigens soweit es geht auf Video zu dokumentieren. Aus diesem Grund habe ich vorerst hier einen Youtube-Kanal als Vlog für Nevado eingerichtet.