EU-Richtlinen und deutsche Bürokratie: Der Equidenpass

(Zu diesem Thema habe ich unheimlich viele Foren, Blogs, etc. durchgelesen und bin teilweise auf haarsträubende Meinungen und fragwürdiges Wissen gestoßen. Bevor man sich auf solche Aussagen verlässt, sollte man unbedingt darauf achten, von wann diese Beiträge sind, denn innerhalb der letzten 10 Jahre gab es hier immense Veränderungen. Desweiteren lohnt ein Blick in die FAQ der FN bzw. des zuständigen Zuchtverbandes. Sollten weitere Fragen oder Ungereimtheiten bestehen, kann man problemlos die dort angebotenen Kontaktmöglichkeiten nutzen (ich bekam bei der FN innerhalb eines Tages per Email Antwort) oder seinen Tierarzt fragen.)

Da meine Bonita bisher noch über keinen Equidenpass verfügt hat, hab ich dessen Beantragung nun in Angriff genommen. Eigentlich hab ich mir das ganze recht unkompliziert vorgestellt, da es ja nich das erste Mal ist, dass ich einen solchen Pass benatrage. Bei meiner alten Pfefferoni hatte ausgereicht, dass ich ihren Abstammungsnachweis beim bayrischen Zuchtverband eingeschickt habe. Der Abstammungsnachweis war eine Urkunde, auf der die Abstammung von Pfefferoni (übrigens gar nicht mal so schlecht *stolz*), der Züchter, die Eigentümerhistorie sowie relevante Zuchteintragungen (bsp. Eintragung ins Stutbuch) verzeichnet waren. Diese Angaben wurde weitestgehend in den Pferdepass übernommen. Die Identifizierung von Pfefferoni war aufgrund dieser Eintragungen (Abzeichen, Nummernbrand) möglich.

Der Equidenpass ist ausnahmslos Pflicht geworden

Seit 2000 besteht nun in der EU die Pflicht, das sämtliche Equiden ausgewiesen werden können müssen – sie müssen also identifizierbar und vor allem ihre Gesundheitsgeschichte muss nachvollziehbar sein. Andernfalls darf ein Equide – also Einhufer wie Pferde, Ponys und Esel – nicht geschlachtet werden. Hintergrund dieser Richtlinie ist wohl hauptsächlich der Seuchen- und Verbraucherschutz, da Equiden in Europa vorrangig als Schlachttiere angesehen werden. Man will durch das Ausweisdokument also u.a. die Medikamentation nachvollziehen können, die u.U. ja Einfluss auf die Verwertung als Schlachttier hat.
Seit dem 01.07.2009 ist nun in Deutschland die Pflicht hinzugekommen, dass ab diesem Zeitpunkt geborene Tiere mit einem Transponder gechippt werden müssen. Diese Regelung geht übrigens über die Forderungen der EU-Richtlinie weit hinaus, da diese lediglich die Identifizierbarkeit fordert, welche ja grundsätzlich durch Abzeichen und Brände des Pferdes gegeben ist. Das Chippen geht also noch einen Schritt weiter.

Was, wenn der Pass fehlt?

Fehlt der Equidenpass und dies fällt beim Transport auf, können Bußgelder verhängt werden. Wie hoch die liegen, habe ich leider nicht herausbekommen, da dies wohl auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist. Auf Turnieren darf der Equidenpass auf gar keinen Fall fehlen, Tierkliniken nehmem Pferde ohne Equidenpass teilweise nicht an. In die Schlachtung darf ein Pferd ohne Equidenpass ebenfalls nicht gehen, es darf aber eingeschläfert werden.
Theoretisch kann ein Veterinäramt einen Pferdehof kontrollieren und die Vorlage aller Equidenpässe verlangen. Die Ausrede, man transportiere sein Pferd eh nicht, zieht also nicht. Denn immerhin ist der Equidenpass auch Teil der Seuchenbekämpfung. Inwiefern ein Stück Papier eine Seuche bekämpft ist natürlich fragwürdig, es dient aber auf alle Fälle der Dokumentation und macht es so nachvollziehbar inwiefern Impfungen etc. stattgefunden haben.
Außerdem wird im Pass festgelegt, ob das Pferd in den Lebensmittelkreislauf (Schlachtung) gelangen darf oder nicht. Legt man sich einmal darauf fest, dass es nicht geschlachtet werden darf, steht diese Entscheidung irreversibel fest. Das Pferd darf dann auch mit Medikamenten versorgt werden, die nicht abbaubar sind bzw. nicht direkt für Pferde zugelassen sind.

Bürokratie pur

Nun ist Bonita ja schon 7 Jahre alt und somit definitiv vor dem 01.07.2009 geboren. Sie hat allerdings noch nie einen Equidenpass gehabt. Das Antragsverfahren für den Equidenpass der FN ist zudem derart gestaltet, dass da nicht mehr unterschieden wird. Wer also einen Equidenpass beantragt – egal ob Jährling oder Metusalem – muss das Pferd Chippen lassen: Ohne Chip kein Equidenpass.

Wo kriegt man nun diesen Chip bzw. Transponder her? Den bekommt man vom Landesverband bzw. direkt der FN gegen eine Gebühr von 10 Euro zzgl. Mehrwertsteuer und Versand. Ein Schnäppchen quasi. Man muss nur einen kleinen Antrag mit seinen persönlichen Daten und der Halter- bzw. Betriebsnummer ausfüllen, abschicken und warten. Aber was zum Teufel ist eine Halter- bzw. Betriebsnummer? Das ist quasi die persönliche Kundennummer bei der zuständigen Seuchenkasse, wie man in der FAQ der FN nachlesen kann. Nun wird sich der Otto-Normal-Pferdebesitzer wie ich sich fragen, seit wann man denn Kunde bei der Seuchenkasse ist. Das ist man nämlich in der Regel gar nicht direkt sondern der Pensionsstall, in dem das eigene Pferd untergebracht ist. Denn, wie ich heute gelernt habe, ich bin gar kein Pferdehalter sodnern „nur“ Eigentümer. Um also den Transponder zu beantragen, trage ich meine persönlichen Daten, die Betriebsnummer des Pensionstalls, wo Bonita steht, ein, schick das ganze ab und warte. Laut meinem Tierarzt kann es nun aber passieren, dass der Transponder nicht an mich sondern an den Stall geschickt wird. Das ist natürlich kein Drama (sofern man per Lasteinzug und nicht per Nachnahme bestellt hat), denn es ist ja nicht so, dass ich nicht täglich im Stall wäre.

Zusammen mit dem Transponder erhält man dann übrigens auch die eigentlichen Antragsformulare für den Equidenpass. Wenn das kleine Paket also in meinen Herrschaftsbereich gelangt ist, muss der Transponder natürlich noch unter Bonitas Haut. Das kann nur der Tierarzt machen, der auch gleich das Abzeichendiagramm ausfüllt, auf dem sämtliche Abzeichen, Wirbel, Narben, … die man so auf einem Pferd findet, verzeichnet werden.

Wenn das alles getan ist, kann nun endlich der Equidenpass beantragt werden. Beantragt man den Pass für ein deutschrassiges Pferd mit Abstammungsnachweis, macht man das beim jeweiligen Verband: Für bayr. Warmblüter beim bayr. Zuchtverband, für Brandenburger beim brandenburger Verband usw. Man erhält dann einen roten Ausweis des zuständigen Zuchtverbandes für ca. 15 Euro zzgl. Versand (die Kosten variieren bei den Verbänden).
Für ausländische Rassen bzw. Pferde ohne Papier macht man das direkt bei der FN oder dem Zuchtverband seines Bundeslandes und erhält einen grünen Ausweis für ca. 45 Euro. Die Eigentumsurkunde – sowas wie der Fahrzeugbrief – gibt es übrigens inklusive ohne Zusatzkosten.

A prospos Kosten …

… die sind wie gesagt nicht einheitlich. Laut FN zahlt man für den Transponder 10 Euro und für den Equidenpass 32,50 Euro jeweils zzgl. 7% Mehrwertsteuer und Versandkosten – also etwa 55 Euro. Beantragt man den ganzen Spaß beim Landesverband Bayern zahlt man 15 Euro für den Transponder, 15 Euro für den roten Ausweis und 45 für den grünen Ausweis diesmal inkl. 7% Mehrwertsteuer aber zzgl. Versand von ca. 5 Euro – also entweder 35 Euro oder 55 Euro (je nach Ausweis). Bei Bonita kann ich also in jedem Fall mit 55 Euro Kosten für den Transponder und Equidenpass rechnen. Hinzukommen dann natürlich noch die Tierarztkosten. Nachdem ich ein paar Foren überflogen habe, wird sich das wohl auch auf etwa 50 Euro belaufen zzgl. Fahrtkosten.

In der Summe kommen auf mich also etwa 100 Euro Kosten (abhängig von den TA-Kosten) zu. Für den neuen elektronischen Personalausweis wären übrigens „nur“ 29 Euro fällig – aber da wird man ja auch (noch) nicht gechippt.

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